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Ausflug nach Mettenheim und Gallenbach
mit der Gruppe Spurensuche
am 11.Oktober 2015

Die Gegend um Mühldorf war das Ziel der Kulturfahrt der Gruppe Spurensuche am 11.Oktober 2015. Fast 40 Teilnehmer, darunter fünf Mitglieder aus dem Katholischen Landvolk Dachau, besuchten die sog. Engelskirche in Mettenheim und das im Jahr 2014 errichtete Denkmal für einen 1941 ermordeten Zwangsarbeiter in Gallenbach bei Taufkirchen (siehe unten...).

Ein Bericht über den Ausflug nach Mettenheim und Gallenbach ist auch in der Zeitschrift Land-aktiv (Nr.1/2016, Blickpunkte S.4) unter dem treffenden Überschrift "Von Engeln und Teufeln - zwei gegensätzliche Besuche" erschienen.


E
ngelskirche in Mettenheim


St.Michael in Mettenheim - erbaut 1710-1730
Die prachtvolle, in der Zeit um 1710/30 errichtete Kirche St.Michael in Mettenheim begeistert die Besucher wegen ihrer einheitlichen barocken Formensprache in Bau und Ausstattung. Der ikonografische Schwerpunkt liegt -nicht nur wegen des Michaelspatroziniums- bei den Engelsdarstellungen.

Resi Reichl bei der Begrüßung


Acht große Figuren der Erzengel sowie das Altarblatt mit dem Thema "Engelssturz des Luzifer" und viele kleinere Gemälde mit den Themen "Engel helfen Menschen" prägen das ungewöhnliche Bildprogramm der Kirche, durch das uns eine Stunde lang Diakon Manfred Scharnagl mit seinen locker und amüsant vorgetragenen Erläuterungen führte.

  
Diakon Manfred Scharnagl
bei der Kirchenführung

Die Engelsfiguren stammen zwar aus der Erbauungszeit der Kirche um 1710 bis 1730. Sie wurden aber nicht alle für die Kirche in Mettenheim geschnitzt, sondern zum Teil erst später von der Mettenheimer Pfarrei für ihre Erstausstattung erworben.

Figuren der Erzengel Sealtiel, Jehudiel, Barachiel und Abdiel findet man in anderen Pfarreien aber nicht so ohne weiteres. Deshalb kaufte der Pfarrer mehrere in der Größe passende übliche Engels-und Heiligenfiguren, ließ sie zu Erzengelfiguren umgestalten und mit den entsprechenden Attributen versehen. So wurde z.B. aus den Wetterheiligen Johannes und Paulus die Engel Uriel und Sealtiel, aus einem Gabriel der heutige Abdiel.

Die (mindestens drei) Bildhauer, von denen die Figuren stammen, sind nicht bekannt.



Die Namen von sieben Erzengeln sind uns teils
- aus dem Alten Testament

  (Raphael-Tob, 5,1-17),
- aus dem Vierten Buch Esra (Uriel),
- aus dem Neuen Testament (Gabriel
   -Luk 1,26-38) und
- aus der Vision eines italienischen Franzis-
   kanermönchs um 1460 (Sealtiel, Jehudiel,
   Barachiel) überliefert.

Der Name Abdiel für den Schutzengel und seine Zurechnung zum Kreis der Erzengel ist eine Mettenheimer Schöpfung. Zwar kennt die Bibel den Namen Abdiel, aber nicht für einen Engel, sondern für einen der Urväter des Stammes Menasse (1 Chr 5,15). Ein Schutzengel ist in der Bibel nicht ausdrücklich aufgeführt, auch wenn in manchen Berichten die besondere Schutzfunktion der Engel erwähnt wird. Wer den Namen in Mettenheim vergeben und welche Gründe er dafür hatte, ist nicht bekannt.

Die Namen der Engel sind Programm und bezeichnen auf Hebräisch das ihnen von Gott zugewiesene "Aufgabengebiet" (Das Suffix "el" bedeutet "Gott").

- Michael, mit Flammenschwert, Aufgabe: Michael lehrt die Unterscheidung zwischen dem Guten und dem Bösen.
- Gabriel, mit Rose, Aufgabe: Gabriel verkündet dem Menschen die Botschaft von Gottes Allmacht und Gottes Willen.
- Raphael, mit Salbgefäß
, Aufgabe: Raphael hilft uns, unsere Aufgaben und Prüfungen zu überstehen.

Neben den uns gut bekannten Erzengeln stehen auch Figuren der weiteren, selten dargestellten Erzengel:

Barachiel = Segen Gottes
Attribut: Blumenkorb
Aufgabengebiet:

Die Liebe ist ein Auftrag an jeden Menschen, sie zu leben. Barachiel hilft dabei.
Uriel = Das Licht Gottes
Attribut: Feuerflamme
Aufgabengebiet:
Uriel als Lichtbringer, hilft dabei,
das ewige Licht Gottes (=Christus) nicht zu vergessen.
Jehudiel = Lobpreis Gottes
Attribut: Krone
Aufgabengebiet:
Jehudiel ist die Kraft der Dankbarkeit in unseren Herzen.
Sealtiel = Gebot Gottes
Attribut: Buch
Aufgabengebiet:

Sealtiel fördert den Dialog mit Christus und lehrt uns zu beten.
Abdiel = Knecht Gottes
Attribut: Kleines Kind
Aufgabengebiet:

Schutzengel

Quellen:
Vortrag Diakon Scharnagl, 11.10.2015
Dokumentation der Erzbischl.Ordinariats zu Restaurierungsmaßnahmen in Mettenheim, 2009


Gedenkstein für Zwangsarbeiter Stefan Duda
in Gallenbach

In Gallenbach, einem Ortsteil von Taufkirchen bei Mühldorf, steht seit eineinhalb Jahren ein Gedenkstein zur Erinnerung an den polnischen Zwangsarbeiter Stefan Duda, der hier am 10. Mai 1941 hingerichtet wurde. Sein "Verbrechen" war eine Liebesbeziehung zur Taufkirchener Bauerstochter Anna. Diese Beziehung widersprach den NS-Rassen-Vorstellungen. Die Liebe der beiden jungen Menschen wurde von den Familienangehörigen und den Dorfbewohnern durchaus akzeptiert.


Hilarius Häußler (links) beim Vortrag am Gedenkstein

Leider gab es da auch eine Person in Tauf-kirchen, die das Paar (aus Eifersucht ?) bei der SS-Ortsgruppe denunzierte. Daraufhin wurde Anna wegen ihrer Liebe zu Stefan ins Aussenlager Mühldorf-Hartz und dann ins Frauen-KZ nach Ravensbrück eingeliefert.

Stefan Duda kam zunächst nach Dachau und wurde nach sechs Monaten vor den Augen der Gallenbacher, der Taufkirchener  und anderer polnischer Zwangsarbeiter zum Tode durch den Strang verurteilt.

Die öffentliche Hinrichtung, an der alle Zwangsarbeiter als Zuschauer teilnehmen mussten und die deutschen Ortsbewohner teilnehmen sollten, war eine Warnung, nicht "mit dem Feind zu fraternisieren".


In der Nähe der Stelle, an der damals der Galgen stand, wurde am 15. Mai 2014 im Rahmen einer Maiandacht ein etwa 1,70 cm hoher Gedenkstein aufgestellt, gestaltet von der Künstlerin Franziska Kreipl-Poller aus Weidenbach.
Zu Gast waren u.a. Historiker, Politiker und Vertreter der polnischen Botschaft, sowie die lokale Presse.

Die Künstlerin hat die Höhe des Steins von 1,70 bewusst gewählt, um "der Thematik auf Augenhöhe begegnen zu können". Die dunkle Farbe erinnert an den Tod.

Der Gedenkstein besteht aus polnischem Sandstein. Ein spitzer, vertikaler Keil öffnet sich nach oben und symbolisiert, dass der Weg nach oben für die Seele Dudas -und all der anderen namenlosen Opfer- frei ist. Ein kleiner Querbalken aus Eichenholz der Umgebung, der in der Mitte zerbrochen ist, steht für die Ermordung des Zwangsarbeiters. Wenn das Holz irgendwann verwittert herausfällt, bleibt ein Kreuz zurück. Auch dass der Gedenkstein mit der Zeit vermoosen wird, ist Programm: Die Natur wird ihn sich zurückerobern, erklärte die Künstlerin.
Der Text auf der Rückseite des Gedenksteins (siehe Bild rechts) stammt von Hilarius Häußler und dem Historiker Jürgen Zarusky vom Institut für Zeitgeschichte.


Rückseite des Gedenksteins


Der Anstoß, an das Schicksal des Liebespaares Stefan Duda und Anna Mayerhofer zu erinnern, war vom Ehepaar Hilarius Häußler und Claudia Häußler-Maier ausgegangen. Sie hatten die Geschichte von ihrer Großmutter gehört. Auf dem Grundstück der Wirtsfamilie und in der Nähe des Gasthauses war das Urteil vollstreckt worden.
Seither war Gallenbach als Galgenbach verschrien.

Ihr ganzes Leben lang konnte die alte Frau die furchtbaren Ereignisse jener Tage nicht verdrängen. Sie konnte und wollte nicht verstehen, dass der junge polnische Zwangsarbeiter wegen seiner Liebe zum Tode verurteilt wurde!

Aus Anlass des 70. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkriegs hatte das Gymnasium Gars ein Laienspiel inszeniert, das
die Geschichte der polnischen Zwangsarbeiter auf bayerischen Bauernhöfen während der NS-Zeit aufgreift. Mit dem Titel "Stein des AnDenkens" wurde es im März 2015 aufgeführt. Lehrer und Schüler des Gymnasiums Gars wollten das Klima in der NS-Zeit und die örtlichen Gegebenheiten in Taufkirchen überzeugend herausarbeiten. Dabei wurde auch die Frage nach der heutigen Einstellung der Gesellschaft zu den historischen Geschehnissen gestellt.

Der Gedenkstein, das Laienspiel des Gymnasiums und das Engagement der Familie Häußler-Maier halten die Erinnerung an ein schreckliches Schicksal in der NS-Zeit wach und sind Mahnung, menschenverachtenden Ideologien zu widerstehen.
Das war auch das Ziel, das die Gruppe Spurensuche mit ihrem Besuch in Taufkirchen erreichen wollte.


Texte: Werner Götz und Hans Schertl
12 Bilder: Hans Schertl

10.1.2016