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Maiandacht 1995
am Sonntag, 14.Mai 1995 in der Basilika am Petersberg
Warum hast du uns das angetan?

Begleitung durch die Kastuluslerchen aus Prittlbach

Eingangslied: GL 585 "Laßt uns erfreuen herzlich sehr. ."

Begrüßung:
Wir begrüßen Sie herzlich zur Maiandacht, die wir inhaltlich vom Kath. Landvolk im Landkreis Dachau vorbereitet haben. Es freut uns besonders, daß die Kastuluslerchen von Prittlbach unter der Leitung von Studienrat Bader die gesangliche Gestaltung übernommen haben. Wir bedanken uns schon jetzt, daß Sie gekommen sind und die Maiandacht mit Ihren Liedern festlich gestalten.

Einführung:
Wir feiern heute den zweiten Sonntag im Mai und das ist herkömmlich der Muttertag. Vielleicht sind Ihnen in diesem Zusammenhang auch schon ähnliche Fragen gekommen:

> Welche Erziehungsnöte und Sorgen hatte Maria mit ihrem Sohn Jesus?
> Kann ein göttliches Kind seiner Mutter überhaupt das Leben schwer machen?
> Wie schaffte es Maria, daß Jesus eine Ich-Stärke entwickeln konnte,
   die ihn furchtlos von der Liebe Gottes sprechen
    und den Weg des Leidens und Sterbens gehen ließ?
> Welche Grundhaltung bestimmte den Umgang der Mutter Maria gegenüber ihren Sohn Jesus?


Auffindung des 12-jährigen Jesus im Tempel
Emporenbild in Langenpettenbach

Maria betrachtete Jesus als Kind Gottes und nicht als ihr Eigentum. Maria erwartete nicht, daß ihre Wünsche in Erfüllung gehen müßten, sondern was Gott will, entscheidend ist. Maria hat die göttlichen Anteile ihres Kindes höher eingeschätzt als ihre eigenen menschlichen Möglichkeiten. Die Hl. Familie war sicher nicht von Konflikten verschont und war eine ganz normale Familie mit allen Höhen und Tiefen. Die wenigen Stellen in der Bibel, die von der Mutter Jesu handeln, legen die Vermutung nahe, daß Jesus ein schwieriges Kind war und seine Mutter seinen Lebensweg eher sorgenvoll als heiter betrachtete. Schon mit 12 Jahren machte sich Jesus völlig selbständig und sagte seiner Mutter nicht einmal, wo er verblieb. Als Maria ihn zur Rede stellte, tat er so, als ginge ihn seine Mutter nichts an. Wir wollen bei dieser Maiandacht darüber nachdenken und miteinander beten.

Chor: Kanon "Ave Maria"

Schrifttext: Lk 2,41-48 Lesung aus dem Evangelium nach Lukas:
Die Eltern Jesu reisten jedes Jahr zum Osterfest nach Jerusalem. Als Jesus zwölf Jahre alt war, zogen sie mit ihm hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach. Nach den Festtagen machten sie sich auf den Heimweg. Jesus blieb ohne Wissen seiner Eltern in Jerusalem zurück. Sie aber meinten, er sei irgendwo im Pilgerzug und reisten eine Tagesstrecke weit. Einen ganzen Tag lang suchten sie ihn vergeblich unter ihren Verwandten und Bekannten. Dann erst kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten ihn dort. Nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel. Er saß bei den Gesetzeslehrern, hörte ihnen zu und stellte ihnen Fragen. Alle, die ihn hörten, gerieten außer sich über sein Verständnis und seine Antworten. Als seine Eltern ihn erblickten, erschraken sie. Seine Mutter sagte zu ihm: Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.

- Stille -

Chor: "Freu dich, du Himmelskönigin-

Gedanken zur Schriftstelle

 

"Unser Kind ist so ganz anders!"
Zwölf Jahre jung ist er, an der Schwelle der Pubertät,
einer Zeit, in der jedes Kind Schritte macht in die Selbständigkeit, anfängt, erwachsen zu werden.
Es ist eine Zeit, wo der Mensch entdeckt, was in ihm steckt, wozu er geschaffen ist, wozu er fähig ist
und wo er Freude daran gewinnt, diese Fähigkeiten zu erproben.
Es ist eine Zeit, in der Eltern oft den Kopf schütteln: "Unser Kind ist so ganz anders!"
Sie verstehen ihr Kind nicht mehr.
Sie müssen von nun an den Weg eines Fremden begleiten, der ihr Kind ist.
Zweite Entbindung nennen Psychologen diesen Prozess.
Eltern erleben in dieser Zeit oft schmerzlich:
Wir müssen unser Kind loslassen, es ist ein selbständiger Mensch;
es muß "in dem sein, was seines Vaters ist", was Gott ihm gegeben hat, wozu es Gott berufen hat.
Diese Erfahrung bleibt auch den Eltern Jesu nicht erspart.
Der junge Jesus spürt, was in ihm steckt, wozu er fähig ist, was seine Be-Rufung ist.
Zum ersten Mal erprobt er diese Fähigkeit
und seine Eltern verstehen ihr Kind nicht mehr:
"Unser Kind ist so anders geworden!"

Chor: "Alle Tage sing und sage. ."

Besinnung:
"Für unser Leben" "Unser Kind ist so anders geworden!" Das ist keine typische Erfahrung der "Heiligen Familie", das erlebt jede Familie! Ein Zeichen, wie sehr ER Mensch ist! Ein Trost für Eltern, die ihr Kind nicht mehr verstehen. -Konflikte gehören zum Leben. Wenn wir sie offen ansprechen und ehrlich bemüht sind, einander zu verstehen, dann können Beziehungen dadurch wachsen und vertieft werden. Das Beispiel der Hl. Familie zeigt, daß Konflikte und Spannungen nicht von vorneherein schlecht sind. Es kommt darauf an, einander auch dann anzunehmen, wenn wir unterschiedlicher Meinung sind und einander nicht mehr verstehen. -Denken wir nach: Welcher Konflikt ist in meinem Leben ungelöst und behindert mich? Welche Spannung muß ich gerade aushalten? Wer wartet vielleicht auf ein offenes Wort von mir?

- Stille -

Gebet:

 

Gott, wir haben deinen Sohn noch lange nicht gefunden, wenn wir wissen:
Er befindet sich im Tempel, an heiligen Stätten.
Maria erschrak, als sie Deinen Sohn erblickte.
Und ihr Erschrecken ist begreiflicher als unsere sorglose Sicherheit.
Sie erlebte einen Jesus, wie sie ihn noch nicht kannte, wie er aber war und sein wird:
"Er hört den Menschen zu." Und wie er zuhören konnte!
Gott, Dein Sohn hört auch uns zu, wenn wir miteinander reden!
Ob wir nicht manchmal darüber erschrecken müßten?
Und Dein Sohn "stellte ihnen Fragen".
Auf vieles wissen sie keine Antwort.
Gott, wir sind um Antworten niemals verlegen!
"Und die Menschen geraten außer sich."
So fasziniert sie sein Wort. - Und wir? - Wir schlafen fast ein.
Gott, ich fürchte, wir müssen noch lange suchen, bis wir ihn finden, Deinen Sohn.
Wir müßten erst einmal erschrecken können - wie Maria.

Chor: "Ave verum. "


Fürbitten:
Herr Jesus Christus, du bist in einer Familie aufgewachsen und hast so unser Leben geteilt.
Wir bitten dich:

 

- Hilf unseren Familien, daß sie ein Ort des gegenseitigen Verstehens und der Geborgenheit sein können.

- Hilf den Eltern, so zu leben, daß die Kinder durch sie Mut zum Leben finden können.

- Hilf den Familien, die durch Streit entzweit sind, wieder zur Versöhnung.

- Hilf den jungen Menschen, die ihre eigenen Wege suchen, daß sie bei allem Streben nach    Selbständigkeit zur echten Menschlichkeit reifen.

- Hilf uns allen, die alltäglichen Konflikte offen zu bewältigen, und laß uns aus ihnen lernen, deinen Willen    zu erfüllen.

Herr Jesus Christus, wir haben dir unsere Bitten vorgetragen, weil du uns füreinander frei machen kannst. Dir sei Lob und Dank für alle Ewigkeit. Amen.

Vater unser: Lasset uns beten, so wie Jesus es seinen Jüngern gelehrt hat: Vater unser. .


Chor: "Gott sei gelobt von Ewigkeit zu Ewigkeit!" Fughetta von Ludwig Ernst Gebhardt, 1787-1862


Schlußgebet: Gott, ich möchte so vieles wissen und begreifen, und ein bißchen gescheit sein, gescheiter als die anderen. Und verstehe so wenig! So wenig auch von Dir! Maria aber - verstand nichts, von dem, was Dein Sohn sagte. Er blieb ihr - ein Rätsel. Ob sie ihn darum nicht besser verstand als wir alle? Gott, laß mich lernen, mit Fragen zu leben, auch mit Dir, meiner größten Frage.

Darum bitte ich durch Jesus Christus unseren Herrn. Amen.

Segen:
Wir bitten um Gottes Segen.
Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, segne uns mit allem Segen seines Geistes.
    >Alle: Amen.
Er schenke uns die Gnade, als seine Söhne und Töchter zu leben.
    >Alle: Amen.
Er führe uns zum Heil und zur Vollendung.
    >Alle: Amen.
Das gewähre uns der allmächtige Gott, der Vater und der Sohn und der Heilige Geist.
    >Alle: Amen.

Chor: "Die Himmel erzählen die Ehre Gottes"