Arnbacher Gespräche Übersicht                Arnbacher Gespräche 1993


Jahresthema
1993: Glaube und Leben in unserer Zeit

2. Kirche und Glaube - neu gefordert im Nord-Süd-Konflikt
Pater Johannes Müller
am 25. Februar 1993



Pater Joh. Müller bei den Arnbacher Gesprächen vor dem katholischen Landvolk über den Nord-Süd-Konflikt

Damit alle diesen Standard erreichen können,
ist ein hohes Maß an Solidarität erforderlich
Bericht des Münchner Merkur vom 9.3.93

Dachau/Arnbach (gh) - Um den Nord-Süd-Konflikt sprach Pater Johannes Müller von der theologisch-philosophischen Hochschule München vor dem katholischen Landvolk im Rahmen der Arnbacher Gespräche. Welche Herausforderung die Armut in den Entwicklungsländern für Kirche und gläubige Christen sei, belegte der Referent anhand folgender Ausführungen:

Die Entwicklungsländer seien mehrfach abhängig von den Industrieländern des Westens. Sinkende Rohstoffpreise, Handelsschranken (z. B. Agrarmarktverordnung der EG), hohe Verschuldung mit 91 Milliarden Dollar Zinsen im Jahr und der relative Rückgang der Entwicklungshilfe schränkten den Handlungsspielraum dieser Länder erheblich ein. Der absolute Beitrag der Entwicklungshilfe in Deutschland sei zwar gleich geblieben, doch der relative Anteil am Bruttosozialprodukt betrage nur noch 0,34 Prozent. Grund dafür sei der steigende Hilfsbedarf Osteuropas, das zum "Konkurrenten der Entwicklungsländer" geworden sei, zumindest was die Hilfe der Industrieländer betreffe.

Politisch sei die Dritte Welt abhängiger geworden, da Osteuropa als Balance zum Westen entfällt. Die Hoffnung, Mittel aus der Rüstung für die Entwicklungshilfe freizusetzen, habe sich nicht im erwarteten Umfang erfüllt.

Sozialkulturell seien die Entwicklungsländer abhängig, weil wir mit unseren Massenmedien, den Industrieprodukten und der Werbung den Menschen dort unseren westlichen Lebensstil aufzwingen und als Vorbild hinstellen wollen.

Die Probleme, die daraus entstehen, werden in den Entwicklungsländern eigentlich nur in drei Bereichen wahrgenommen, die direkt berühren:

Da sind die Drogen, die unsere Gesellschaft gefährden, aber gleichzeitig Einkommensquellen der Entwicklungsländer sind.

Da ist die Umweltzerstörung durch das Abholzen der tropischen Regenwälder, die das Weltklima verändern, und

schließlich ist es das Flüchtlingsproblem mit den Asylanten und Wirtschaftsflüchtlingen, das wir hautnah erleben.

Der sich verschärfende Nord-Süd-Konflikt ist also bekannt, ein notwendiges Handeln aber nicht in Sicht. Für die Menschen hier gebe es nur zwei Alternativen: den Wohlstand mit allen Mitteln zu verteidigen und damit die Existenz der gesamten Menschheit zu gefährden oder so zu leben, daß diesen Lebensstandard alle Menschen der Erde erreichen können. Doch dazu ist ein hohes Maß an Solidarität erforderlich."

Für die Christen und die Kirche bedeutet dies, in diesem Prozeß Anwälte der Armen zu sein. Sie sollen Informationen geben, das Bewusstsein prägen, Solidarität leben, d. h. ein Zeugnis der Werke geben.