Arnbacher Gespräche Übersicht                  Arnbacher Gespräche 1996

Jahresthema 1996: Wohlstand und Wachstum - Wo bleibt der Mensch

1. Verschwendungswohlstand oder Wohlstandskultur -
brauchen wir neue Wertvorstellungen ?


Referent:   Dipl.-Theol. Stephan Feldhaus, München

32 Teilnehmer   

Wohlstand und Wachstum - Wo bleibt der Mensch? Die Arnbacher Gespräche, die nun schon zum elften Mal vom Katholischen Landvolk Dachau organisiert werden, drehten sich in diesem Jahr wieder um ein brisantes Thema: "Wohlstand und Wachstum - Wo bleibt der Mensch?" Dazu wurden wieder drei gute Referenten gefunden.

Zum ersten Abend waren über 30 Teilnehmer gekommen, die für eine temperamentvolle Gesprächsatmoshäre sorgten. Der Münchner Sozialethiker Stephan Feldhaus eröffnete die Themenreihe mit der Frage: "Verschwendungswohlstand oder Wohlstandskultur - brauchen wir neue Wertvorstellungen?"

Nach seiner Betrachtung hat uns die technische Entwicklung so viele Vorteile gebracht, daß wir das Negative verdrängt oder übersehen haben. Erst in den letzen Jahren ist das Bewußtsein gewachsen, daß wir eine hohe ökologische Hypothek aufgenommen haben. Die Natur macht nicht mehr mit. Mit dem Fortschritt gegen die Natur sägen wir am eigenen Ast. Wir bekommen weltweit bleibende Umweltschäden und eine zunehmende Massenarbeitslosigkeit zu spüren. Die Probleme verschärfen sich mit dem Bevölkerungswachstum. Sie verschärfen sich aber auch, weil die Entwicklungsländer unsere Konsumgewohnheiten übernehmen, nämlich mehr zu verbrauchen als die Natur produzieren und mehr Abfall zu erzeugen als die Natur abbauen kann.

Feldhaus sagt, es ist aussichtslos, auf ein Ende des Bevölkerungswachstums und auf ungeahnte technische Erfindungen zu hoffen. Wir müssen jetzt handeln, wir müssen unser Konsumverhalten ändern, wenn auch unsere Kinder noch eine Zufkunft haben sollen. Jedes Handeln verursacht Interessenkonflikte für den einzelnen, für die anderen und für die Natur- . Deshalb sollten wir auch im Alltag bewußt abwägen, ob uns die angestrebten Vorteile so wichtig sind und ob eine Handlung mit negativen Folgen für die Umwelt wirklich nötig ist. Das ist kein Wohlstandsverzicht, sondern ein kultivierter Umgang mit dem Wohlstand. Wenn wir unser Konsumverhalten nicht drastisch ändern, könnte es damit bald ganz vorbei sein. Ein bewußter Umgang mit den Konsumgütern ist nach Feldhaus auch ein Schritt zu einer gerechteren Welt. Denn die Armen hungern nicht, weil wir zuviel essen, sondern weil wir zuwenig denken.

Werner Götz, KLB


Wohlstand und Wachstum - Wo bleibt der Mensch?
Bericht des Münchner Merkur

Arnbacher Gespräche, 25. Januar, 19,30 Uhr Wohlstand und Wachstum - Wo bleibt der Mensch?

Zum ersten Abend der heurigen Arnbacher Gespräche des Katholischen Landvolks Dachau waren trotz glatter Straßen über 30 Teilnehmer ins Arnbacher Pfarrhaus gekommen und sorgten für eine temperamentvolle Gesprächsathmosphäre. Der Münchner Sozialethiker Stephan Feldhaus eröffnete das Rahmenthema mit der Frage: Verschwendungswohlstand oder Wohlstandkultur, brauchen wir neue Wertvorstellungen? Die technische Entwicklung hat uns so viele Vorteile gebracht, daß wir das Negative verdrängt oder übersehen haben.

Erst in den letzten 15 - 20 Jahren ist das Bewußtsein gewachsen, daß wir eine hohe ökologische Hypothek aufgenommen haben: die Natur macht nicht mehr mit. Mit einem Fortschritt gegen die Bedingungen der Natur sägen wir an unserem eigenen Ast. Wir bekommen weltweit bleibende Umweltschäden und eine zunehmende Massenarmut. Die Probleme verschärfen sich mit dem Bevölkerungswachstum. Sie verschärfen sich aber auch deshalb, weil die Entwicklungsländer unsere Konsumgewohnheiten übernehmen, nämlich mehr zu verbrauchen, als die Natur produziert, und mehr Abfall zu erzeugen, als die Natur abbauen kann. Es ist aussichtslos, auf ein Ende des Bevölkerungswachstums und auf ungeahnte technische Erfindungen zu hoffen. Wir müssen jetzt handeln, d.h. unser Konsumverhalten ändern, wenn auch unsere Kinder noch eine Zukunft haben sollen.

Jedes Handeln verursacht Interessenkonflikte für den einzelnen, für die anderen und für die Natur. Deshalb sollten wir auch im Alltag bewußt abwägen, ob die angestrebten Vorteile größer sind als die negativen Nebenwirkungen. Gerade dort aber, wo die Umweltschäden besonders groß sind, z.B. beim Autofahren, beim Energieverbrauch, blockieren wir das Abwägen und entscheiden irrational. Deshalb sollten wir immer wieder bewußt innehalten, um nachzudenken, ob eine Handlung mit negativen Folgen für die Umwelt wirklich nötig ist. Das ist kein Wohlstandsverzicht, sondern ein kultivierter Umgang mit dem Wohlstand. Wenn wir unser Konsumverhalten hier nicht drastisch verändern, könnte es mit unserem Wohlstand bald ganz vorbei sein. In der engagierten Diskussion wurde auch die Sorge ausgesprochen, daß weniger Konsum weniger Arbeitsplätze bedeuten könnte. Feldhaus wies darauf hin, daß es sogar produktiv wäre, Ansprüche zurückzuschrauben, um mit dem damit frei werdenden Geld anderen zu Arbeit zu verhelfen: wenn von Dreien jeder auf ein Viertel seines Standards verzichten würde, wäre Raum für einen vierten Arbeitsplatz.

Ein Teilnehmer schlug vor, mehr Güter zu kaufen, die handwerklich hergestellt oder in bäuerlichen Betrieben erzeugt werden statt industrielle Massengüter, die mit viel Maschineneinsatz aber wenig menschlicher Arbeitskraft produziert werden. Deutlich wurde auch, daß wir uns viel mehr bewußt werden müssen, warum wir etwas kaufen oder verbrauchen, denn wir werden stark durch unbewußte Emotionen und Gewohnheiten gesteuert. Dieser bewußte Umgang mit den Konsumgütern ist auch ein Schritt zu einer gerechteren Welt. Denn die Armen hungern nicht, weil wir zuviel essen, sondern weil wir zu wenig denken.

In der Diskussion wurde auch betont, daß mancher Verzicht später als Wohltat empfunden wird, weil man sich nicht mit Dingen belastet, die man eigentlich nicht braucht. Eine Teilnehmerin berichtete, daß man eher belächelt werde, wenn man im täglichen Leben Ernst damit macht, sorgfältig mit der Schöpfung umzugehen. Doch da waren sich die Teilnehmer einig, wir als Christen müssen mit der Verantwortung für die Schöpfung Ernst machen. Das Rahmenthema wird beim nächsten Arnbacher Abend am Mittwoch, 28.2.1996 , 20 Uhr mit dem Frankfurter Redakteur Wolfgang Kessler fortgeführt: " Zukunftsfähiges Deutschland - Wege zu einer sozial gerechten und umweltverträglichen Wirtschaft".