Arnbacher Gespräche Übersicht                   Arnbacher Gespräche 2002

Jahresthema 2002: Lebensschwellen - eine Chance

2. Hilft die Kirche in Lebenskrisen ?
Referent Ilse Kessler, Leiterin der Katholischen Telefonseelsorge
Mittwoch, 27. Februar 2002

ericht Süddeutsche Z

Ilse Kessler berichtet über die Arbeit. der katholischen Telefonseelsorge

Die leisen Stimmen, der Hilferufenden

Bericht der Dachauer SZ vom 18.3.2001

Arnbach - Ilse Kessler, Leiterin der Katholischen Telefonseelsorge, stellte sich beim zweiten Abend der Arnbacher Gespräche der Frage: Hilft die Kirche in Lebenskrisen? Die Telefonseelsorge, so die Referentin, könne durchaus Menschen in Lebenskrisen helfen. Die

Telefonseelsorge wurde vor 40 Jahren in München von Kardinal Döpfner gegründet und ist eine Anlaufstelle für Menschen in Not. Sie hat mit allem zu tun, was im Leben vorkommt. Sie verweise auf Hilfsmöglichkeiten, vor allem versuche sie, das augenblickliche Leid zu lindern, neuen Mut zuzusprechen. "Viele Menschen leiden extrem hoch", berichtete Kessler aus ihrer Erfahrung, "und man muss Demut haben vor Menschen mit einem so schweren Schicksal. Verschuldete, Verlassene, Verzweifelte rufen an, oft sind es nur hingeworfene Wortbrocken." Aber am Ende eines Gesprächs habe man oft Kräfte im Menschen geweckt, so gehe vielleicht ein psychisch Kranker zum Facharzt oder ein Arbeitsloser gebe nicht auf mit seinen Bewerbungen.

Man könne nicht immer helfen. Aber die Menschen bräuchten die Erfahrung, dass jemand Zeit und Geduld hat und zuhört. Es gebe Situationen, z.B. bei einer schweren Erkrankung, in Todesfällen, bei Streit mit dem Partner oder dem Chef, wo die ganze Welt aus dem Lot gerät. Oft sind es auch gesellschaftliche Ängste, dass die Welt immer weniger durchschaubar wird. Vielen sei der Mut tief gesunken, alte unbewusste Ängste bedrücken. "Die Menschen haben sehr viel in sich hineingefressen", meinte Kessler, "und da liegt es nun unverdaut". Die Telefonseelsorge könne ermutigen, anregen, dasein, zuhören, den Anrufer aber auch mit seiner eigenen Denkweise konfrontieren.

Es sei ein schönes Erlebnis, wenn nach zwei oder drei Anrufen Mutlose wieder Kraft schöpfen. Ganz wichtig sei die Zuwendung, das sei eigentlich nicht viel, aber es helfe. Sie erfahre immer wie der, dass das Positive stärker ist im Leben. Jn uns Menschen gibt es ein heilendes Potenzial. Wenn wir uns den Belastungen stellen, gibt es in uns etwas, das heilen kann", sagte Kessler. Man erfahre dann. auch, welchen, Anteil man selbst zu seinen Problemen beigetragen habe. Wenn man selbst an die Grenzen seiner Existenz geraten sei, sich den Widersprüchlichkeiten im Leben gestellt habe, könne man auch anderen einen Weg zeigen.

In der Diskussion kam? die Frage auf: Wie sieht es denn im Vergleich dazu mit der täglichen kirchlichen Gemeindepraxis aus? Ein Gottesdienst am Sonntag, und das wars dann? Bringt die Kirche nicht auch selbst Krisen hervor? Leider seien hier Liturgie und Hilfe auseinander gefallen; beides müsse wieder besser zusammenkommen, auch in der Ausbildung, meinte die Referentin. Wir als einzelne sollten vor allem aufmerksam sein, es seien oft sehr leise Stimmen, die um Hilfe rufen.

Bericht der Dachauer SZ vom 18.3.2001