Wanderung
auf dem Gabriel-von-Seidl-Pfad
in München
am Mittwoch, 24.Mai 2023

Gabriel von Seidl (1848-1913)
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Gabriel
von Seidl (1848-1913) war einer
der bedeutendsten Architekten des Späthisto-rismus in Deutschland.
Mit zahlreichen Bauten und Plätzen prägt er das Bild Münchens
bis heute. Im Gabriel-von-Seidl-Pfad sind mehr als 20 Gebäude
dokumentiert. Im Internet sind fast 50 seiner Bauten in ganz Deutschland
aufgeführt. Viele seiner Werke wurden im zweiten Weltkrieg
zerstört. Seine Schaffenszeit deckt sich mit der Kaiserzeit,
der Gründerzeit, einer langen Friedensperiode zwischen dem
deutsch-französischen Krieg 1870/71 und dem ersten Weltkrieg,
dem aufstrebenden Bürgertum und einer starken Industrialisierung.
Die so entstandenen zahlreichen unverwechselbaren Bauten Gabriel
von Seidls prägen seine Heimatstadt München bis heute und stellen
der globalisierten Architektursprache individuelle Akzente entgegen.
Zu seinen bekanntesten Werken zählen unter anderem das Künstlerhaus
am Lenbachplatz, die Fassaden des Karlstor-Rondells, das Lenbachhaus
sowie das Bayerische Nationalmuseum und die St.Anna-Kirche im Lehel.
Die
Stadt München hat 2013, zum 100. Todestag des berühmten
Architekten, einen Gabriel-von-Seidl-Pfad eingerichtet, damit die
Einheimischen und die Besucher an 17 Stationen und bei 20 Bauten
seine Bauten auf einer Wanderung durch die Stadt erleben können.
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Wir
besuchten auf unserer Wanderung am 24.5.2023 nur einen Teil der 20 Münchner
Bauten. Und zwar:
Lenbachhaus, Nationalmuseum, 3 Mietshäuser im Lehel, St.-Anna-Kirche,
St. Anna-Brunnen, Stachusrondel, Künstlerhaus.
Die Bauobjekte besichtigten wir von außen, über Gärten,
Foyers und Innenhöfe. Werner Götz hatte sich gut vorbereitet
und konnte uns zu jedem Objekt historische Daten und interessante Geschichten
erzählen. Die Strecken zwischen den Objekten bewältigen wir
mit öffentlichen Verkehrsmitteln (S-Bahn, U-Bahn, Bus), kleinere
Strecken zu Fuß.

Im Hof des Lenbachhauses
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Lenbachhaus
Die
zwischen 1887 u.1891 von Seidl errichtete Villa ist einem toskanischen
Land-haus nachempfunden; sie besticht durch klare Form und ausgewogene
Proportionen.
Heute
ist im Haus die Städtische Galerie beheimatet mit seiner großen
und einzigartigen Sammlung von Werken aus der Zeit des Blauen Reiters,
z.B. Kandinskys und Münter.
Lenbach
verdiente das Geld vorwiegend mit Portraits von vermögenden
Personen.
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"Der kleine,
streng angelegte und bunt bepflanzte Park mit Brunnen vor dem Haus lädt
zum Sitzenbleiben und Entspannen ein" schreibt die Stadt München.
Wir nahmen die Einladung an.
Vor
dem Bayer. Nationalmuseum in der Prinzregentenstraße
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Bayerisches
Nationalmuseum
Errichtet
von 1894 bis Sept.1900 nach Entwürfen Gabriel von Seidls. Der Bau
gehört zu den bedeutendsten und originellsten Museumsbauten seiner
Zeit. Seidl musste dabei dem Anspruch gerecht werden, die unterschiedlichsten
Kunstwerke und Stile aus mehreren Jahrhunderten zu fassen. Das Bauprogramm
sollte sich dazu an den Ausstellungsstücken orientieren.
Seidl
gelang dies über eine individuelle Ausgestaltung der einzelnen Gebäudeteile.
So wurden die drei gleichwertig vortretenden Baukörper jeweils mit
einer eigenen Fassade im Stile der deutschen Renaissance, des Barock
und des Rokoko ausgeschmückt.
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Trotz partieller
Umgestaltungen und Modernisierungen ist die Grundstruktur der Konzeption
Seidls bis heute erhalten geblieben und verleiht dem Museum einen unverwechselbaren
Charakter.
Das
Bayerische Nationalmuseum in München beherbergt auf etwa 13.000 m² Ausstellungsfläche
kunst- und kulturhistorische Sammlungen.
Mittagessen
Unser Mittagessen
nahmen wir im Liebighof ein, einer rustikal ausgestatteten Gaststätte
im Lehel.
St.Anna im Lehel
Der Nachmittag
begann mit einem Besuch in der Pfarrkirche St.Anna im Lehel. Einem Bau,
der in der Zeit von 1887 bis 1892 im neuromanischen Stil von Seidl errichtet
wurde. Der
70 m hohe Westturm, die Querschiffe, der Vierungsturm und viele den Kirchenraum
konzentrisch umlaufende Nebenräume lassen die Pfarrkirche von außen wie
einen Komplex ineinander verschachtelter Baukörper erscheinen, eine richtige
Kirchenburg. Die Kirche gilt als eines der besten Beispiele des Historismus
in München.
Die Gemälde im Inneren der Kirche gehören zum Jugendstil. Er
war eine künstlerische Antwort auf die rasante Industrialisierung Europas.
Wesentliche Merkmale sind deshalb Elemente, die versuchen, die Natur und
das Natürlich in die Städte und in die moderne Welt zu tragen. Im Vordergrund
stehen geschwungene Formen, Ranken, Wellen, Pflanzenmotive und Symbole.
Der Jugendstil ist in Kirchen selten zu finden, weil er nach Ansicht der
Katholischen Kirche der damaligen Zeit keine theologische Aussagekraft
hat.

Links
eines der drei von Seidl erbauten Mietshäuser - Mitte: Pfarrkirche
St.Anna

im
nördlichen Seitenschiff
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Beim
Betreten der Kirche fällt dem Besucher das große Wandgemälde
im Presbyterium ins Auge, mit Christus als Pantokrator in der Mandorla,
im mandelförmigen Rahmen. Begleitet wird er von den 12 weißgekleideten
Aposteln und zwei direkt neben ihm stehenden Frauen, seiner gekrönte
Mutter Maria und seiner Großmutter Anna im roten Kleid.
Eine
Besonderheit in der Kirche ist das Ziborium über dem Altar, ein
auf Säulen ruhender Aufbau, der in byzantinischer Zeit und der Romanik
häufig zu finden war. Damals waren zwischen den Säulen Vorhänge
angebracht, die während des Kanons, also dem Wandlungsteil der Messe,
zugezogen waren.
Andacht
In
der Kirche hielten wir eine kurze Andacht mit Texten von Domvikar
Paul Weismantel aus Würzburg. Er ist ein bekannter Autor spiritueller
Bücher.
Themen
der Andacht waren:
- Innehalten
- Schöpfung und
- Segen.
Dazu sangen wir das vorher eingeübte St.Anna-Wallfahrtslied
"Sanct Anna voll der Gnaden".
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Künstlerhaus und Synagogen-Gedenkstein

Künstlerhaus
(Hintergrund) und
Gedenkstein an die 1938 zerstörte Alte Synagoge (Vordergrund) |
Künstlerhaus
Das
Münchner Künstlerhaus wurde 1893-1900 vom Architekten Gabriel von
Seidl im Stil der Neorenaissance erbaut - als Ort der Begegnung
von Kunst und Gesellschaft. Treibende Kräfte waren der Malerfürst
Franz von Lenbach und Ferdinand von Miller.
Das Gebäude war in der Folgezeit der ideale Ort für Künstlerfeste,
Maskenbälle, Konzerte, Schauspiel- und Tanzabende. Dies blieb bis
1933 so. Dann beschlagnahmten die Nazis das Haus. Am 14. Juli 1944
brannte es nach einem Fliegerangriff völlig aus.
1945 entstanden in den Ruinen eine Snackbar und ein amerika-nisches
Offizierskasino. Von 1955 bis 1960 baute die Stadt München
das Künstlerhaus originalgetreu wieder auf. Ab 1967 wurde das
Gebäude verpachtet und von der Fa. Mövenpick gastronomisch
genutzt. Heute lebt das Künstlerhaus zum einen von der Vermietung
der Räumlichkeiten und zum anderen von der Darbietung eines facettenreichen
Kulturprogramms. Es ist Plattform für Vorträge, Diskussionen,
Lesungen und Kabarett. Zudem befinden sich zwei Restaurants im vorderen
Teil des Gebäudes.
Gedenkstein
für die Alte Synagoge
Schon
13 Jahre vor dem Künstlerhaus war von 1883-1887 die alte Hauptsynagoge
nach Plänen von Albert Schmidt gebaut worden.
Es war ein von drei Straßen umgebener Monumentalbau in neuromanischem
Stil.
Die Fassaden waren in Backstein als Sichtmauerwerk gestaltet, in
das Schmuckelemente aus behauenem Stein integriert waren. In der
Sichtachse vom Lenbachplatz aus stand die monumentale Eingangssituation
mit Rosette, aus der ein achteckiger Mittelturm aufragte, flankiert
von zwei kleinen Ecktürmchen. Dahinter schlossen sich zwei Treppenhaustürme
mit einem offenen obersten Geschoss an.
Der Innenraum war eine durchgehende dreischiffige Halle mit Rundpfeilern,
unterbrochen durch eine Empore. Darüber erhob sich ein Kreuzrippengewölbe.
Die Heilige Lade im Osten wurde von einer mächtigen Treppenanlage
erhöht, vor ihr das Podest für den Vorbeter.
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Am 8. Juni 1938 wurde der Israelitischen Kultusgemeinde von der
Stadt mitgeteilt, dass sie die Synagoge mitsamt Grundstück für den
festgesetzten Preis von 100.000 Reichsmark abtreten müsse;
Hitler persönlich habe den Abriss verfügt. Schon einen Tag später
begann die Fa. Moll mit dem Abriss, bereits fünf Monate vor
der Pogrom-nacht. Die Orgel konnte an das Erzbischöfliche Ordinariat
verkauft werden; sie fiel 1944 in St. Korbinian einem Bombenangriff
zum Opfer. An Stelle der Synagoge wurde ein Parkplatz angelegt.
1999 hat man das Grundstück an den Arcandor-Konzern verkauft, der
so sein benachbartes Warenhaus Oberpollinger erweitern konnte. Der
Verkaufserlös von umgerechnet 20,5 Mio Euro wurde in den Bau des
Neuen Jüdischen Zentrums auf dem Jakobsplatz investiert, das am
9. November 2006 eröffnet werden konnte.
Seit
1969 erinnert ein von Herbert Peters geschaffener Gedenkstein
an die Synagoge.
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Alte
Synagoge (Foto von 1889)
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Quelle: Wikipedia
7 Bilder: 1 Bild Von Theodor Hilsdorf (1868-1944) - Cropped version
of this photo, Gemeinfrei,
1 Bild Wikipedia, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2226967
7 Bilder von Hans Schertl
zu früheren Ausflügen ...
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