Maiandacht
2003
am Sonntag, 11.Mai 2003 in
der Basilika am Petersberg
Lebensgeschichten
in der Bibel
Begleitung durch
den Chor am Petersberg
Lied (alle) Den Herren
will ich loben . .(Gotteslob 261)
Begrüßung
Liebe Schwestern und
Brüder, liebe Freunde in der Katholischen Landvolkbewegung,
wir freuen uns, daß Ihr in die Basilika auf dem Petersberg
zur Maiandacht der Katholischen Landvolkbewegung gekommen seid.
Durch die Maiandacht begleitet uns der Chor am Petersberg unter
der Leitung von Herrn Drexl. Dankschön dafür.
Wir beginnen diese Maiandacht
im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Lied (Chor)
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Einführung
Die Bibel ist voll von Lebensgeschichten. Menschen haben erfahren, daß
Gott auch in verzweifelten Lagen immer wieder Wege des Lebens aufmacht.
Besonders intensive Lebensgeschichten finden wir dort, wo von einer Geburt
erzählt wird, wo Leben neu beginnt ohne die Last der Vergangenheit
und voller Zuversicht auf ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit.
Die Geburt Jesu durch Maria ragt für uns heraus; es ist eine der
wenigen Stellen, in denen Maria in der Bibel vorkommt. Die biblischen
Erzählungen beschreiben nicht historische Ereignisse um die Geburt,
sondern verkünden uns Heutigen die Zuversicht, daß unser Leben
gut weitergeht, trotz des Chaos um uns herum und vielleicht auch in uns.
Zu dieser Zuversicht möchten wir mit drei Lebensgeschichten ermuntern,
in denen es um Geburt geht.
Lied (Chor)
Lesung
Die Heilige Schrift stellt gleich an den Anfang eine Geburtsgeschichte,
die Schöpfung unserer Welt und die Erschaffung des Menschen, den
Gott in diese Welt hineinstellt. Lesung aus dem Buch Genesis (2,7-9) Da
formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies
in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen
Wesen. Dann legte Gott, der Herr, in Eden, im Osten, einen Garten an und
setze dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott, der Herr, ließ
aus dem Ackerboden allerlei Bäume wachsen, verlockend anzusehen und
mit köstlichen Früchten, in der Mitte des Gartens aber den Baum
des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Gedanken
Die Schöpfungsgeschichte fabuliert nicht darüber, wie die Welt
vielleicht entstanden sein könnte, sondern sie will uns heutigen
die Augen öffnen, wozu der Mensch in dieser Welt bestimmt ist. Sie
redet von dem, was immer schon gegolten hat und heute noch gilt: Gott
schafft im Chaos einen Lebensraum. Der Mensch erhält die Aufgabe,
als Bild Gottes dafür zu sorgen, daß alle darin leben können.
Der Mensch wird damit zum Stellvertreter Gottes, der sich um die Schöpfung,
um das Leben sorgt. Der Garten Eden ist nicht die Vergangenheit, sondern
ein Bild für die Zukunft, wohin diese Welt gehen soll: Unsere Welt
ist dazu geschaffen, daß die Menschen friedvoll zusammenleben und
das Leben fördern. Auf die Angst und auf die Resignation angesichts
katastrophaler Welterfahrung antwortet Gott mit der Schöpfung eines
Lebensraums. Er gibt uns den Auftrag, mit ihm diesen Lebensraum zu hegen
und zu pflegen.
Lied (Chor)
Lesung
Kaum ist der Mensch geschaffen, begegnet uns die schreckliche Geschichte
von Kain und Abel. Kain ist der Erstgeborene, der künftige Herr.
Auf Deutsch heißt sein Name "Besitzer". Abel heißt übersetzt
"Hauch, Nichts". Gott läßt dieser Struktur nicht einfach ihren
Lauf; er sieht an dem vorbei, der im Zentrum der Macht ist, auf den Gefährdeten,
den Hauch, auf Abel. Gott geht selbstverständlich davon aus, daß
auch Kain den Schwächeren mit Wohlwollen begleitet. Doch die Geschichte
endet anders. Neid und Zorn des Mächtigen führen zur Gewalt.
Kain erschlägt Abel. Doch Kain darf weiterleben. Er gründet
eine Stadt, seine Familie wird reich und mächtig. Der Mächtige
hat sich durchgesetzt. Eine Geschichte aus unseren Tagen? Gott gibt eine
andere Antwort. Lesung aus dem Buch Genesis (4,25-26) Adam erkannte noch
einmal seine Frau. Sie gebar einen Sohn und nannte ihn Schet, Setzling;
denn sie sagte: Gott setzte mir anderen Nachwuchs ein für Abel, weil
ihn Kain erschlug. Auch dem Schet wurde ein Sohn geboren, und er nannte
ihn Enosch. Damals begann man den Namen des Herrn anzurufen. Gedanken
Gegen den Lauf der Dinge, die den Mächtigen Recht gibt, bringt Eva
den Schet zur Welt. Übersetzt bedeutet Schet "Setzling" oder noch
genauer "Stellvertreter". Eva akzeptiert den Tod Abels nicht. Sie will,
daß ein Stellvertreter Abels in dieser Welt lebt. Er soll an Abels
Stelle gegen Gewalt und Unrecht protestieren. Und aus seiner Linie gehen
Abraham, Israel und Jesus hervor. In der biblischen Erzählung wird
nicht -wie sonst in der Welt- die Linie des Siegers weiter erzählt,
der dann in der Geschichtsschreibung vielleicht gar noch den Namen "der
Große" erhält. Nein, die Geschichte des Opfers wird weiter
erzählt. Die Geburt des Schet bedeutet: Der ermordete Abel soll unter
uns Menschen aufstehen und unser Miteinander bestimmen, bis kein Mensch
mehr von einem andern Gewalt erleidet. Auch dem Schet wird ein Sohn geboren,
Enosch, zu Deutsch "Menschlein". Unter Kains Nachfahren, unter all den
Großen und Mächtigen, soll ein Menschlein überleben. Weil
Gott der Menschlichkeit eine Zukunft gibt, begann man damals den Namen
des Herrn anzurufen. Den Protest Evas gegen die Mächtigen greifen
biblische Frauen immer wieder auf, zum Beispiel Hanna im Buch Samuel mit
einem Danklied, aus dem Lukas das Magnificat geformt hat. Und schließlich
verkündigt Maria zu Beginn des Lukas-Evangeliums mit ihrer Botschaft:
"er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen",
daß Jesus auf der Seite der Schwachen steht.
Lied (Chor)
Evangelium
Maria und Josef brachten Jesus acht Tage nach seiner Geburt in den Tempel,
um ihn Gott zu weihen. Hier stehen Eltern mit ihrem Kind im Gotteshaus,
mit Jesus, auf den sie ihre Hoffnung setzen. Und da steht Simeon, Symbol
für alle Menschen und besonders für die, die am Ende ihres Lebens
angelangt sind, und dennoch hoffen, daß das Leben weiter geht. Simeon
sieht in Jesus die Hoffnung auf das messianische Reich, auf eine neue
Schöpfung und auf eine heilvolle Zukunft aller Menschen. Simeon ist
am Ziel!
Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas (2,25-32)
In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm
und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm.
Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen,
ehe er den Messias des Herrn gesehen habe. Jetzt wurde er vom Geist in
den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu
erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind
in seine Arme und pries Gott mit den Worten: Nun läßt du, Herr,
deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen
haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein
Licht, das die Heiden erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk
Israel.

Petersberg-Chor
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Gedanken
An der Schwelle vom Alten zum Neuen Bund begegnen sich ein Greis
und ein Kind, Simeon und Jesus. Ein historischer Augenblick! Denn
hier im Tempel begegnen sich nicht nur Simeon und Jesus, hier begegnen
sich Erwartung und Ankunft, Hoffnung und Ziel, Sehnsucht und Erfüllung
Alter und Neuer Bund Israel und die Kirche. Einen langen, beschwerlichen
Weg hat Israel hinter sich: Es hat den Glauben an Gott, die Hoffnung
auf Gott, das Vertrauen zu Gott durch die Geschichte getragen oft
angefochten, oft bis an die Grenzen herausgefordert, meist gegen
den Augenschein, oft mit Versagen und mühsamen Neuanfängen.
Und nun begegnet Simeon, und mit ihm Israel, der Erfüllung
seiner Hoffnung: so ganz anders, als er gedacht hat, so klein, so
unscheinbar, so ohnmächtig. Und er spürt: Nun darf ich
zur Ruhe kommen; denn ich habe mit eigenen Augen gesehen, daß
mein Hoffen, daß mein Leiden, daß mein Durchhalten nicht
vergeblich war.
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Und dann, Simeon, trittst Du
einfach ab von der Bühne der Geschichte und läßt Deinen
ganzen Glauben, Deine Sehnsucht, Deine Hoffnung, Dein Vertrauen münden
in das Leben dieses Kindes, dem Du den Weg durch Jahrtausende bereitet
hast. Durch dieses Kind und durch sein Lebenswerk leuchtet nun das Licht,
das Du, Simeon, das Du Israel, durch die Geschichte getragen hast - oft
nur als glimmenden Docht -, es leuchtet nun allen Völkern, läßt
ihnen ein Licht aufgehen! Wahrhaftig, das gereicht Dir zur Ehre!
Simeon, wenn ich einmal alt
bin und müde, wenn ich die Hoffnung durch Höhen und Tiefen meines
Lebens getragen habe, dann möchte ich Deine Größe haben:
abtreten können - und in den mir fremden Glaubensformen kommender
Generationen die gleiche Hoffnung sehen, die ich pflegte - und mich freuen
können: Es war nichts umsonst Es geht weiter! Aus Gott, Du bist so
menschlich von Heribert Arens, Seite 174 Vater unser alle, gesungen nach
Peter Janssens, ohne Wiederholung ("Treppenbuch" 77)
Schlussgebet
Guter Gott, die biblischen Erzähler
haben uns ihre Erfahrung überliefert, daß du immer wieder Wege
des Lebens geöffnet hast. Laß auch uns Wege des Lebens finden.
Darum bitten wir dich durch unsern Bruder Jesus.
Wir beten gemeinsam das Gebet
der Maria. Gegrüßet seist du Maria . .
Verabschiedung und Segen
Liebe Schwestern und Brüder, wir wünschen euch, daß ihr
gut heimkommt und daß uns Gott in guten wie in schlechten Tagen
Wege des Lebens finden läßt. So segne uns alle der gütige
Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen
Vermeldungen
Dem Chor sagen wir ein herzlichs Vergelts-Gott für die musikalische
Begleitung.
Alle sind herzlich eingeladen, nach der Maiandacht vor der Basilika noch
ein bisserl beisammen zu bleiben. ..Bilder
vom Zusammensein. .
Lied (alle) Taize-Magnificat,
("Treppenbuch" 220, nur lateinischer Text)

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