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Maiandacht 2008
am Sonntag, 4. Mai 2008
in der Basilika am Petersberg
Let it be - Laß es geschehen !
Musikalische Gestaltung: Ernst Deger, Vierkirchen


Einzug: Lied (let it be) instrumental Ernst Deger

Begrüßung
Liebe Gottesdienstbesucher, liebe Freunde in der Katholischen Landvolkbewegung, Haben Sie das Lied erkannt? Die Beatles, 1969, ja Kennen Sie den Titel? Ja, let it be! Wie über setzen Sie das ins Deutsche? Lass es sein? Wissen Sie dass es ein Marienlied ist? Ja, das ist es! Let it be, lass es sein, ist das die passende Übersetzung für ein Marienlied ? Nein, wie wäre es mit Lass es zu oder noch besser: lasse es geschehen
- lasse es geschehen, im Sinne von Empfangen statt machen, besinnen statt hektisch handeln, Stille statt Lärm!

Liebe Schwestern und Brüder, wir freuen uns, dass Ihr zu einer Maiandacht in die Basilika auf dem Petersberg gekommen seid. Beginnen wir also diese Maiandacht: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen

Wir laden Euch ein, let it be! Lass es geschehen: das ist die Grundhaltung Marias, der Gottesmutter! Und doch erleben wir häufig die Maxime "Es muss etwas geschehen", Es muss etwas geschehen im Sinne von Aktionismus! Diesen Spannungsbogen wollen wir in dieser Maiandacht an Euch herantragen.

Die Beatles singen: Let it be, Lass es geschehen: Maria, ist bei mir. Wenn ich in Schwierigkeiten bin, in meinen dunklen Stunden, wenn die Nacht wolkig und finster ist, wenn mein Herz gebrochen ist, Mother Mary, Maria, ist bei mir und flüstert mir zu: let it be, lass es geschehen, deine Sorgen werden vergehen.
Hören wir nun das Lied von Mother Mary, von der Gottesmutter: Let it be!

Lied: Let it be, gesungen Ernst Deger

Unser Alltag und bei vielen auch die innere Einstellung muten uns oft die Forderung zu: Es muss etwas geschehen! Hören wir jetzt den ersten Teil einer Geschichte, wie Heinrich Böll diese andere aber durchaus alltägliche Lebenserfahrung beschreibt: -selbst ist der Mensch,
-hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.
-Es muss etwas geschehen!

Lesung
aus
Es wird etwas geschehen - eine handlungsstarke Geschichte
von Heinrich Böll
1. Teil


Die Lektoren
Zu den merkwürdigsten Abschnitten meines Lebens gehört wohl der, den ich als Angestellter in Alfred Wunsiedels Fabrik zubrachte. Von Natur bin ich mehr dem Nachdenken und dem Nichtstun zugeneigt, doch hin und wieder zwingen mich anhaltende finanzielle Schwierigkeiten eine Stelle anzunehmen.
Also unterzog ich mich in Wunsiedels Fabrik einer Eignungsprüfung. Ich wurde als erster in den Prüfungsraum geführt, wo auf reizenden Tischen die Fragebogen bereitlagen. Niemand war zu sehen, und doch war ich so sicher, beobachtet zu werden, dass ich mich benahm, wie ein Handlungsschwangerer sich benimmt, wenn er sich unbeobachtet glaubt: ungeduldig riss ich meinen Füllfederhalter aus der Tasche, schraubte ihn auf, setzte mich an den nächstbesten Tisch und zog den Fragebogen an mich heran.
Erste Frage: Halten Sie es für richtig, dass der Mensch nur zwei Arme, zwei Beine, Augen und Ohren hat? Hier erntete ich zum ersten Male die Früchte meiner Nachdenklichkeit und schrieb ohne Zögern hin: "Selbst vier Arme, Beine, Ohren würden meinem Tatendrang nicht genügen. Die Ausstattung des Menschen ist kümmerlich."
Zweite Frage: Wie viele Telefone können Sie gleichzeitig bedienen? Auch hier war die Antwort so leicht wie die Lösung einer Gleichung ersten Grades. "Wenn es nur sieben Telefone sind", schrieb ich, "werde ich ungeduldig, erst bei neun fühle ich mich vollkommen ausgelastet."
Dritte Frage: Was machen Sie nach Feierabend? Meine Antwort: "Ich kenne das Wort Feierabend nicht mehr -an meinem fünfzehnten Geburtstag strich ich es aus meinem Vokabular, denn am Anfang war die Tat." Ich bekam die Stelle. Tatsächlich fühlte ich mich sogar mit den neun Telefonen nicht ganz ausgelastet. Ich rief in die Muscheln der Hörer: "Handeln Sie sofort! " oder: "Tun Sie etwas! -Es muss etwas geschehen - Es wird etwas geschehen -Es ist etwas geschehen -Es sollte etwas geschehen."

Gedanken:
Tatendrang, Handeln Sie sofort, Tun Sie etwas, Es muss etwas geschehen. Ein Projekt folgt dem anderen, eine Aktion jagt die andere. Keine Zeit zum Nachdenken, zur Besinnung. Sind das nicht die unablässig geforderten Kriterien, die uns einen Job, eine Stelle, Einkommen und Erfolg versprechen? Let it be: Auf die Hektik des Alltags sollte die Ruhe folgen, das nach-innen-hören. So wie Maria, sie vertraut auf Gott. Aus diesem Vertrauen heraus preist Maria den Herrn, Magnificat, anima mea Dominum

Taize-Magnificat: Ernst Deger spielt ein und stimmt an Magnificat (3x), anima mea Dominum Magnificat (3x), anima mea

Lesung
Heinrich Böll: Es wird etwas geschehen - eine handlungsstarke Geschichte
2. Teil
In Alfred Wundsiedels Fabrik gab es einen Stellvertreter mit Namen Broschek, der seinerseits einen Ruhm erworben hatte, weil er als Student sieben Kinder und eine gelähmte Frau durch Nachtarbeit ernährt, zugleich vier Handelsvertretungen erfolgreich ausgeübt und dennoch innerhalb von zwei Jahren zwei Staatsprüfungen mit Auszeichnung bestanden hatte. Als ihn Reporter gefragt hatten: "Wann schlafen Sie denn, Broschek?", hatte er geantwortet: "Schlafen ist Sünde!"
Wunsiedels Sekretärin hatte einen gelähmten Mann und vier Kinder durch Stricken ernährt, hatte gleichzeitig in Psychologie und Heimatkunde promoviert, Schäferhunde gezüchtet und war als Barsängerin unter dem Namen Vamp 7 berühmt geworden.
Wunsiedel selbst war einer von den Leuten, die morgens, kaum erwacht, schon entschlossen sind, zu handeln. "Ich muss handeln", denken sie, während sie energisch den Gürtel des Bademantels zuschnüren. "Ich muss handeln", denken sie, während sie sich rasieren, und sie blicken triumphierend auf die Barthaare, die sie mit dem Seifenschaum von ihrem Rasierapparat abspülen: Diese Reste der Behaarung sind die ersten Opfer ihres Tatendranges. Auch die intimeren Verrichtungen lösen Befriedigung bei diesen Leuten aus: Wasser rauscht, Papier wird verbraucht. Es ist etwas geschehen. Brot wird gegessen, dem Ei wird der Kopf abgeschlagen. Die belangloseste Tätigkeit sah bei Wunsiedel wie eine Handlung aus: wie er den Hut aufsetzte, wie erbebend vor Energie den Mantel zuknöpfte, der Kuss, den er seiner Frau gab, alles war Tat. Wenn er sein Büro betrat, rief er seiner Sekretärin als Gruß zu: "Es muss etwas geschehen!" Und diese rief frohen Mutes: "Es wird etwas geschehen!"
Wunsiedel ging dann von Abteilung zu Abteilung, rief sein fröhliches: "Es muss etwas geschehen!" Alle antworteten: "Es wird etwas geschehen!" Und auch ich rief ihm, wenn er mein Zimmer betrat, strahlend zu: "Es wird etwas geschehen!" Innerhalb der ersten Woche steigerte ich die Zahl der bedienten Telefone auf elf, innerhalb der zweiten Woche auf dreizehn und es machte mir Spaß. So fing ich an, mich tatsächlich ausgelastet zu fühlen, als wirklich etwas geschah.

An einem Dienstagmorgen stürzte Wunsiedel in mein Zimmer und rief sein: "Es muss etwas geschehen!" Doch etwas Unerklärliches auf seinem Gesicht ließ mich zögern, fröhlich und munter, wie es vorgeschrieben war, zu antworten: "Es wird etwas geschehen!" Ich zögerte wohl zu lange, denn Wunsiedel, der sonst selten schrie, brüllte mich an: "Antworten Sie! Antworten Sie, wie es vorgeschrieben ist!" Nur mit großer Anstrengung brachte ich den Satz heraus: "Es wird etwas geschehen", und kaum hatte ich ihn ausgesprochen, da geschah tatsächlich etwas: Wunsiedel stürzte zu Boden, rollte im Stürzen auf die Seite und lag quer vor der offenen Tür.
Ich wusste gleich, was ich mir bestätigte, als ich langsam um meinen Tisch herum auf den Liegenden zuging: dass er tot war. Kopfschüttelnd stieg ich über Wunsiedel hinweg, ging langsam durch den Flur zu Broscheks Zimmer und trat dort ohne anzuklopfen ein. "Was ist denn geschehen?" fragte er. "Herr Wunsiedel ist tot", sagte ich. "Nein", sagte Broschek. "Doch", sagte ich, kommen Sie!" "Nein", sagte Broschek, "das ist unmöglich", aber er schlüpfte in seine Pantoffeln und folgte mir über den Flur. "Nein", sagte er, als wir an Wunsiedels Leiche standen, "nein, nein!" Ich widersprach ihm nicht.
Vorsichtig drehte ich Wunsiedel auf den Rücken, drückte ihm die Augen zu und betrachtete ihn nachdenklich. Ich empfand fast Zärtlichkeit für ihn, und zum ersten Male wurde mir klar, dass ich ihn nie gehasst hatte. Auf seinem Gesicht war etwas, wie es auf den Gesichtern der Kinder ist, die sich hartnäckig weigern, ihren Glauben an den Weihnachtsmann aufzugeben, obwohl die Argumente der Spielkameraden so überzeugend klingen. "Nein", sagte Broschek, "nein." "Es muss etwas geschehen", sagte ich leise zu Broschek. "Ja", sagte Broschek, "es muss etwas geschehen."
'Es geschah etwas: Wunsiedel wurde beerdigt, und ich wurde ausersehen, einen Kranz künstlicher Rosen hinter seinem Sarg herzutragen, denn ich bin nicht nur mit einem Hang zur Nachdenklichkeit und zum Nichtstun ausgestattet, sondern auch mit einer Gestalt und einem Gesicht, die sich vorzüglich für schwarze Anzüge eignen. Offenbar habe ich -mit dem Kranz künstlicher Rosen in der Hand hinter Wunsiedels Sarg hergehend -großartig ausgesehen. Ich erhielt das Angebot eines eleganten Beerdigungsinstitutes, dort als berufsmäßiger Trauernder einzutreten. "Sie sind der geborene Trauernde", sagte der Leiter des Instituts, "die Garderobe bekommen Sie gestellt. Ihr Gesicht -einfach großartig!" Ich kündigte Broschek mit der Begründung, dass ich mich dort nicht richtig ausgelastet fühle, dass Teile meiner Fähigkeiten trotz der dreizehn Telefone brachlägen.
Gleich nach meinem ersten berufsmäßigen Trauergang wusste ich: Hierhin gehörst du, das ist der Platz, der für dich bestimmt ist. Nachdenklich stehe ich hinter dem Sarg in der Trauerkapelle, mit einem schlichten Blumenstrauß in der Hand, während Händels Largo gespielt wird. Das Friedhofscafe ist mein Stammlokal, dort verbringe ich die Zeit zwischen meinen beruflichen Auftritten. Hin und wieder besuche ich Wunsiedels Grab, denn schließlich verdanke ich es ihm, dass ich meinen eigentlichen Beruf entdeckte, einen Beruf, bei dem Nachdenklichkeit geradezu erwünscht und Nichtstun meine Pflicht ist. Später fiel mir ein, dass ich mich nie für den Artikel interessiert habe, der in Wunsiedels Fabrik hergestellt wurde. Es wird wohl Seife gewesen sein. Quelle: http://www.aliaflanko.de/bogi/boell/boell2.htm

Gedanken:
Einen Beruf finden, bei dem Nachdenklichkeit erwünscht ist: Nachdenken, Ruhe finden, Ruhe ausstrahlen, Stille zulassen. Nur in der Stille können wir hören, was Gott uns sagen will. Let it be, lass es geschehen.

Lied: Maria, die Bittere (Ernst Deger)

Evangelium
nach Lukas 1,26-38 Verkündigung

Gedanken:
"Du wirst ein Kind empfangen"
- bereit sein das Göttliche empfangen,
- anzunehmen, was Gott mir gibt, was ich tragen soll.
- "Mir geschehe, wie du es gesagt", antwortet Maria
   dem Engel, Let it be.

Lied: Magnificat nach Ernst Deger

Der Evangelist Lukas lässt Maria sagen:
"Meine Seele preist die Größe des Herrn" Beten wir deshalb wie Jesus selbst uns zu beten gelernt hat. Vater unser : alle, gesprochen

Fürbitten:

Gegrüßet seist du Maria - alle, gesprochen

Schlussgebet
Im Ave Maria bitten wir um die Fürsprache Mariens, damit unser Leben gelingt, im Spannungsfeld zwischen handeln und geschehen lassen.
Deshalb bitten wir Gott:
Gott gib mir die Kraft, das zu ändern was änderbar ist.
Gott gib mir die Geduld das zu ertragen, was nicht zu ändern ist!
Gott gib mir die Weisheit das eine vom anderen zu unterscheiden!

Vermeldungen und Dank
Ihr seid alle herzlich eingeladen, nach der Maiandacht vor der Basilika noch etwas beisammen zu bleiben.
Dem Ernst Deger sagen wir ein herzlichs Vergelts Gott für die musikalische Gestaltung.
Nächste Veranstaltungen: Flüelifahrt, Besuch im Lkr. Eichstätt, Rundbrief im September

Verabschiedung und Segen
Liebe Gottesdienstbesucher, wir wünschen euch, daß noch ein bisschen auf dem Petersberg verweilen könnt, dass ihr anschließend gut heimkommt und dass Ihr in der kommende Woche eine gute Mischung aus Tun und Zulassen haben werdet.
So segne uns alle der gütige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen

Lied (alle) GL 595 Maria breit den Mantel aus. .

Vorbereitungsgruppe: Werner Götz, Ernst Deger, Ernst Rott, Lisa Böswirth


Werners berühmte Maibowle (WbM©)

Schon Tradition ist der kleine Imbiss neben der Basilika im Anschluss an die Maiandacht. Die Spezialität war auch dieses Jahr wieder Werners berühmte Maibowle.



zu früheren Maiandachten. .