Arnbacher Gespräche Übersicht                Arnbacher Gespräche 2000 

Jahresthema 2000: Dem Leben Raum geben -  Biblische Antworten auf Lebenskrisen

1. Gewalt und Versöhnung

Referentin Dr. Martina Eschweck, Pastoralreferentin, Freising
Dienstag, 14.März 2000

Am dritten Abend (14. März 2000) sprach Dr. Martina Eschweck aus Freising über ,,Gewalt und Versöhnung". Gewalt unter Menschen hat es immer gegeben, aber es müsse so nicht weitergehen, war der Tenor des Gesprächs. Dass es auch anders gehe, zeige die Bibel: einerseits realistisch, andererseits als Hoffnung, die viele als utopisch ansehen, meinte die Referentin, Pastoralreferentin in Freising. Ganz am Anfang der Bibel steht die pessimistische Geschichte von Kain und Abel, ein Deutungsversuch für Gewalt unter Menschen. Kain ist zuerst geboren, Hoffnungsträger der Eltern. Doch Gott sieht auf Abel, dessen Name deutsch soviel heisst wie Windhauch, hinfällig. Abel erhält das Ansehen, Kain ist verbittert. Eine Situation, die es immer gab und heute noch gibt: dass man im Ansehen zurückfällt ein anderer bevorzugt wird.

Wie in der Bibel, geht es uns dabei im praktischen Leben: Das Verhalten Anderer ist uns ein Rätsel. Wie soll man mit so einer Situation umgehen? Es ist ein Grundkonflikt, den jeder durchlebt. Wenn etwa jüngere Geschwister bevorzugt werden. Aber auch im Verein, im Beruf, wenn Jüngere mit weniger Erfahrung an einem vorbeiziehen, wenn Leistung nicht gesehen wird. Menschen brauchen Ansehen, brauchen die Zusage: „Du bist wichtig; schön, dass es dich gibt", betonte Eschenweck.

Kain reagiert zornig, er ist verbittert, erschlägt Abel. Das ist keine Lösung, denn Kain wird noch mehr isoliert. Er, der Bauer, wird von seinem Acker vertrieben. Grundlegender Fehler: Der Zorn ist noch verständlich, aber die beiden sprechen nicht mehr miteinander. Auch Abel, der Bevorzugte, sagt kein Wort, wie er die Situation sieht; Kain frisst Enttäuschung und Wut verbittert in sich hinein. Die Beziehung bleibt sprachlos, endet in Gewalt. Zorn darf nicht in Schweigen enden, forderte Eschenweck, und: Der Mensch ist, wie er ist, es gibt Leute, mit denen es schwer ist, zusammenzuleben.

Wie sollen wir damit umgehen? Petrus fragt Jesus: Reicht siebenmal verzeihen? Das ist viel, meinte Eschenweck, die Sieben gelte als vollkommene Zahl. Jesus: 77 Mal solle man verzeihen. Also immer wieder. Dem Menschen ist viel geschenkt, das ganze Leben. Davon soll er etwas weitergeben können, dem Anderen immer wieder seine Lebenschance gönnen. Das sei der Sinn des Gleichnisses vom Schuldner, dein eine Riesensumme erlassen wird, der dann aber selbst kleinlich Schulden eintreibt; er wird verworfen.

Werner Götz in Blickpunkte Mai 2000