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Jahresthema
1990: Kirche
im Umbruch ?
2.Wie
bringt man der Jugend die Kirche nahe?
Referenten: ALOIS EBERSBERGER,und Simon
Kurfer
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Ein
Plädoyer für mehr Freiraum in der Kirche
Bericht
der Süddeutschen Zeitung vom 15.2.1990
Von Regina Laska
Arnbach-
"Wie bringt man der Jugend die Kirche nahe?" lautete die Frage
der Arnbacher Gesprächsreihe, die nun zum zweiten Mal stattfand.
Einig war man sich darüber, die Frage doch andersherum zu
formulieren.
Für solch eine
komplexe Frage konnte naturgemäß keine Patenlösung
gefunden werden. Allerdings konnte die Gesprächsrunde gemeinsam
fast alle Aspekte ansprechen, die mit dem Problem zusammenhängen
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ALOIS EBERSBERGER, Diözesanjugendleiter
(rechts) und Simon Kurfer (zweiter von rechts) diskutierten mit
Jugendlichen über deren Verhältnis zur Kirche heute.
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Glaubt man der Umfrage einer
nord-rheinwestfälischen Zeitung, liegt die Kirche bei den 16- bis
23j jährigen hoch im Kurs. Stellt sich nur die Frage, warum so
wenig Kinder und Jugendliche die sonntäglichen Gottesdienste besuchen.
Wo in der früheren Volkskirche fast ein Gruppenzwang vorlag, zum
Gottesdienst zu gehen, sei heute vielmehr der aus Außenseiter,
der sich zum Kirchgang bekennt. Nur an der Bequemlichkeit der Jugend
könne das nicht liegen.
"Der Gottesdienst ist überaltert,
jede Woche dasselbe, das hat eigentlich nichts mehr mit mir zu tun,
es bringt mir nichts mehr", stellte eine Gesprächsteilnehmerin
fest. "Die Jugend sucht nach Gemeinschaft, die sie in der Kirchengemeinde
nicht mehr unbedingt findet. Heute dominierte die Ein-Kind-Familie und
es fehlt an dem gemeinschaftlichen Erlebnis, mit den Geschwistern zum
Gottesdienst zu gehen", bemerkte Alois Ebersberger, Diözesanjugendseelsorger.
Er gab zu, daß die Kirche heute nur noch für den Glauben
zuständig ist. "Es nützt nicht viel, den Jugendlichen die
kirchliche Lehre zu predigen, wenn man beispielsweise die ständig
zunehmenden Scheidungsraten sieht.
Christentum kommt nicht
von der Lehre, sondern durch die Erfahrung mit anderen Menschen, man
kann den Glauben nicht nur auf Gebote reduzieren." Auch Simon Kurfer,
geistlicher Beirat der Jugendbewegung, schätzt die Situation ähnlich
ein. "Der Jugend wird in der Kirche zuwenig Freiraum geboten", nieinte
er. Außerdem prüften die jungen Menschen die Kirche an den
Erwachsenen, ihren Lehrern, Eltern und anderen. Sie stellten sich dann
die Frage, inwieweit diese Kirche noch für ihr Leben trage.
Er sieht eine Chance in
der "Entprivatisierung" des Glaubens. Die Erwachsenen sollten doch mal
sagen, was ihnen der Glaube wirklich bringe. "Der Moral- und Gesetzesglauben
ist immer noch vorherrschend. Ein Normensystem, das es zu erfüllen
gilt, steht im Vordergrund. Dabei wird übersehen, daß die
Kirche den Jugendlichen ein Glaubens- und Lebensangebot bieten will,
welches das Leben befreien will", meint Simon Kurfer weiter. Nicht einmal
im Pfarrgemeinderat würde die Jugend ernst genommen, meinte eine
Jugendvertreterin über ihre Erfahrungen. Dabei solle doch gerade
der Pfarrgemeinderat eine Vorbildfunktion für die Gemeinde haben.
Die von Jugendlichen geforderten Freiräume seien nicht einmal wörtlich
genommen da.

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