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Jahresthema
1990: Kirche
im Umbruch ?
3. Sakramente: Heilszeichen oder Konsumgut
Referent Bischof Heinrich
Graf von Soden-Frauenhofen
20. Februar 1990
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Bericht
der Süddeutschen Zeitung vom 23/24.6.1990
Arnbach - Sind die
Sakramente der katholischen Kirche für ihre Gläubigen Heilszeichen
des Glaubens, oder für eine große Zahl der Kirchenmitglieder
immer mehr zu einem bürgerlichen Konsumgut verkümmert? Dies
war die zentrale Frage des dritten Arnbacher Gespräches, das heuer
zum letzten Mal veranstaltet wurde.
Als Ansprechpartner zu diesem
Problem hatte man Bischof Heinrich Graf von Soden-Frauenhofen eingeladen.
Einig war man sich darüber, daß es so, wie es momentan um
die Gemeinde bestellt ist, nicht weitergehen könne. Da soll es
eine Handvoll Laien geben, die sich tatsächlich darüber Sorgen
mache, wie es mit ihren Kindern und Jugendlichen in den Gemeinden weitergehen
soll. Die Kirchen werden zusehends immer leerer, abgesehen von einer
Vielzahl älterer Menschen, die darin ein Zuhause gefunden haben.
Aber wie soll die Kirche morgen aussehen? Es gäbe ja noch ein paar
Firmlinge, die aus Überzeugung in ihrem Glauben, das Sakrament
der Firmung empfangen möchten, aber das Gros der Jugendlichen spekuliere
immer mehr mit den 500 Mark, die sie von den Firmpaten erhalten, die
womöglich außer der Feier auch keinen tieferen Sinn in ihrem
Patentamt finden. "Die meisten Heiden habe ich in der Kirche, wenn Firmung
ist", gestand Bischof Heinrich. Anstatt den Firmlingen eine, für
den Anlaß passende Predigt zu bieten, redet er dann über
elementarste Glaubensdinge, um den einen oder anderen doch wieder öfters
im Gottesdienst vorzufinden.
Auch bei der Erstkommunion
sieht es nicht besser aus: Krasser ist hierbei allerdings, daß
es erwachsene Menschen sind, die als Eltern eine Unmenge an Geld für
das "weiße Kleidchen" und die Feier für den doch "schönsten
Tag" im Leben eines Kindes ausgeben und bei dem ganzen "Nebenbei" den
eigentlichen Sinn dieser Erstkommunion vergessen haben. Oft sind sie
nicht einmal bereit, in der Zeit des Kommunionunterrichts mit ihren
Kindern mal zur heiligen Messe zu gehen.
Auch die Taufe sei für
immer mehr Menschen ein Vorgang, den man fast automatisch nach der Geburt
eines Kindes unternimmt. Hierzu erzählte der Bischof eine Anekdote
über ein Ehepaar aus der DDR, das sich bei ihm vorstellte, um sich
taufen zu lassen. Allerdings nicht um in die Gemeinschaft des Glaubens
aufgenommen zu werden, sondern "weil es im Westen doch zum öffentlichen
Ansehen dazugehöre getauft zu sein". Die sogenannten "Randkatholiken"
fordern mit der Taufe ihrer Kinder die Kirche auf, sich um die christliche
Erziehung des Nachwuchses zu kümmern, wollen es aber selbst nicht
vorleben. Eltern, die jedoch nichts mit der Kirche "am Hut haben", können
andererseits aber auch nicht ihre Kinder im Glauben unterstützen.
"Ob die Sprache in der Kirche
vielleicht zu schwierig für viele ist?", gab einer der Anwesenden
zu bedenken und gestand, daß auch er als regelmäßiger
Kirchgänger die Fragen seines Sohnes nach dem Gottesdienst nicht
beantworten könne. Bischof Heinrich wies aber lediglich auf "den
großen Verlust" hin, "wenn man die gehobene Sprache der Liturgie,
durch die Trivialsprache der Jugendlichen" ersetzen würde. Doch
nur an den Eltern der jüngeren Generation könne es aber nicht
liegen, daß immer weniger Kinder und Jugendliche zur Kirche kommen.
"Die Kirche hat in ihrer langen Geschichte noch nie alle Getauften motivieren
können", versuchte Heinrich Graf von Soden-Frauenhofen einzulenken,
"nicht einmal im Mittelalter hat sie das geschafft". Aber die meisten
Christen in dieser Zeit sind zu ihrem Heil gezwungen worden.
Eine Lösung konnte
keiner der Gesprächsteilnehmer finden. Der Gedanke, wenigstens
von der klassenweisen Hinführung zur Erstkommunion wegzukommen,
um nur die wirklich interessierten Eltern zur Anmeldung ihrer Kinder
zu motivieren, fand bei allen großen Anklang. Entscheidend würde
sich dadurch wohl auch nichts ändern, aber es wäre ein Anfang
gemacht. Immer deutlicher wurde während des Gesprächs der
Wunsch der anwesenden Laien, mehr Freiräume in der Kirche zu haben,
damit ihnen auch in liturgischen Dingen ein Mitspracherecht zugestanden
werde. Denn diese gläubigen Laien, machen ja die eigentliche Kirche
aus.

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