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Jahresthema
1997: Wege zum Heil oder heillose Verwirrung
1.Erstarrung
und Aufbruch
-Revolutionen und Laienbewegungen in der Kirche
Referent Jochen
Töller
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41
Teilnehmer
Jochen
Töller über Reformen in der Kirche bei erstem Arnbacher Gespräch
Katechismuswissen allein reicht
nicht
Fehlt es an "gelebter Wahrheit"?
Von Irmi Wallner Arnbach -
Die "Arnbacher Gespräche" bilden den Schwerpunkt im Programm des
Katholischen Landvolks (KLB) im Landkreis Dachau. In diesem Jahr heißt
das Rahmenthema "Wege zum Heil oder heillose Verwirrung?". Am ersten der
drei Gesprächsabende eröffnete erst einmal der Blick zurück
in die Reformgeschichte(n) der Kirche die Diskussion.
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Jochen Töller, Referent für
gesellschaftspolitische Bildung am Kardinal Döpfner-Haus in
Freising, griff in seinem Vortrag nur auf einige wenige "Reformer"
in der Kirchengeschichte zurück. Er erinnerte daran, daß
Jesus aus politischen Gründen hingerichtet wurde. Die "Revolution
des Jesu von Nazareth" gegen die reichen Großgrundbesitzer
und die Pharisäer sei wenig diplomatisch gewesen, aber gewaltlos,
sagte Töller.
Ganz anders dagegen die Zeloten,
die mit ihrem "Guerillakrieg" gegen die Römer der Messias-Zeit
näherkommen wollten. Zu Anfang des 13. Jahrhunderts lebte der
Heilige Franz von Assisi eine ganz andere Art von Reform: Er sah
in der Armut eine Alternative, das Evangelium zu leben.Zur gleichen
Zeit etwa sagte der "Papstkaiser" Innozenz III: "Ihre wichtigste
Ursache hat die Verderblichkeit des Volkes in der Geistlichkeit."
Diese Überzeugung sorgte in der Folgezeit für eine teilweise
Reform der Seelsorge.
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Auch Töller schloß
in seinem Ausblick mit einer provokanten These an diese Haltung an. Werde
nicht viel zu viel Energie auf die Reinheit des Glaubens verschwendet?
Obwohl in Deutschland so viel Religionsunterricht wie sonst in keinem
Land abgehalten werde, verliere die katholische Kirche an Anziehungskraft.
"Katechismuswissen allein reicht nicht." Töller fragte, ob es nicht
eher an der "gelebten Wahrheit" des Glaubens fehle.
Auch ein Zuhörer stimmt
zu, er bezeichnete den "Klerus als Verhinderer der Kirche von unten".
Im Moment schwimme die Kirche in der Gesellschaft einfach mit. Töller
forderte, daß auch im "gesellschaftlichen Unterholz" der Kirche
stärker mitdiskutiert werde; beispielsweise, wenn der "Sonntag verschustert
wird". Revolutionäre Kraft Neben diesem "kulturellen Ungehorsam"
der Christen trage aber auch das Evangelium selbst die "revolutionäre
Kraft des Glaubens" in sich. Schon seine Grundstruktur dränge hin
zum Gespräch über elementare Lebensfragen. Töller sieht
nicht nur im gelebten Glauben Defizite, sondern hält auch die "biblischen
NATO-Rationen" für zu klein. Auf "homöopathische Dosen reduziertes"
Bibelwissen tauge nicht als Fundament für eine kirchliche Gemeinschaft.
Um das "spirituelle Grundwasser" wieder zu heben, genüge das sonntägliche
Ritual des Gottesdienstes nicht.
Töller zeigte sich entsetzt
darüber, daß vor diesem Hintergrund sich pastorale Mitarbeiter
häufig davor scheuten, Erwachsenenbildung zu machen, aus Mangel an
Mut auf die Kinder und Alten ausweichen. Dies schaffe keine Gemeinschaft
unter den Gläubigen. Eine Frau gab Töller recht: "Ich komme
mir schon manchmal allein vor." Beim nächsten Arnbacher Gespräch
geht es um "Selbsterlösung oder Selbstzerstörung". Der Sektenbeauftragte
Hans Liebl wird den Abend am Dienstag, 18. Februar, gestalten.

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