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Jahresthema
1999: Der
Starke gewinnt, welche Chancen hat der Schwache?
3.
Gott der Armen - Wende zu einer neuen Solidarität
Referentin Dr.Elke Hümmeler, Ordinariatsrätin, München
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Zum 3. Abend der heurigen Arnbacher
Gespräche (4.3.199)
der Katholischen Landvolkbewegung kam die Ordinariatsrätin
Dr. Elke Hümmeler, die in der Erzdiözese München
und Freising für den caritativen Bereich zuständig
ist.
Zuwendung zu den Benachteiligten
ist eine Grundvoraussetzung christlicher Lebensweise, begann
sie. Wie sieht heute die soziale Realität aus und wo kann
unsere Solidarität ansetzen? In den letzten 25 Jahren hat
es ein en erheblichen Wandel am unteren Ende der Wohlstandsskala
gegeben. Zwar gab es auch damals wirtschaftliche Probleme, aber
immerhin hat sich z.B. seit 1980 die Zahl der Sozialhilfeempfänger
fast verdreifacht (240 000), darunter viele Kinder. Man kann
sogar davon ausgehen, daß in Bayern tatsächlich 470
000 Sozialhilfeberechtigte leben; es gibt viele, die die Hilfe
nicht in Anspruch nehmen. Auch wenn die Armut in der Dritten
Welt drastischer ist, gibt es also auch bei uns Armut, wobei
nach der Caritas-Untersuchung arm ist, wer weniger als 50% des
durchschnittlichen Arbeitnehmer-Nettoeinkommens hat.
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Immer mehr
wird eine gute Ausbildung Voraussetzung für einen Arbeitsplatz.
Wer aus dem Leistungsprozeß herausfalle, sei arm. Die genannten
Risikogruppen können aber diese Voraussetzungen nicht aufbringen,
und damit wird es auch in Zukunft Arme geben. Es sei damit eine
Frage des sozialen Friedens, daß die Verdienenden die Armen
finanzieren müssen. Hier helfe auch die Kirche. |
Besondere Risikogruppen
für diese Einkommensarmut sind Frauen, Alleinerziehende und Kinder,
ältere Menschen, Arbeitslose, Pflegebedürftige und Ausländer.
Besonders wies Frau Hümmeler auf die Bildungsarmut hin. Bereits
jede 4. Person in Bayern sei ohne Berufsabschluß und das sei
eine große Gefahr, arbeitslos und arm zu werden.
In der Erzdiözese
München und Freising allein gebe sie für caritative Zwecke
jährlich 110 Mio DM aus. In Deutschland ist die Armut durch den
Einsatz von Staat und Wohlfahrtsverbänden weitgehend bekämpft,
sie ist nicht existenzgefährdend. Aber sie führt vielfach
dazu, daß die Betroffenen aus dem allgemeinen gesellschaftlichen
Leben ausgeschlossen werden, weil sie nicht mithalten können.
Das nehmen viele aus dem Mittelstand gar nicht wahr, weil ihnen das
persönliche Gesicht der Armut verloren gegangen ist.
Besonders wichtig sind
deshalb Zivildienstleistende, das freiwillige soziale Jahr, Nachbarschaftshilfen,
Pflegepersonen und Erzieher in Heimen, weil Menschen, die sich dort
engagieren, nicht bloß abstrakt Armut analysieren, sondern das
persönliche Gesicht der Armut kennenlernen. So gesehen heißt
Solidarität also vor allem konkretes Handeln, aber auch kleinräumiges
Handeln, weil nur so menschliche Begegnung möglich wird. So wertvoll
Spenden sind, weil ohne sie oft nicht geholfen werden kann, so unersetzbar
ist die unmittelbare menschliche Zuwendung. Auf Dauer tragfähig
ist diese Solidarität aus dem christlichen Glauben heraus, daß
Gott sich vor allem den Schwachen zuwendet.
In der Diskussion wurde
vor allem betont, daß es schon viel persönliches und ehrenamtliches
Engagement gibt, eine Wende zur Solidarität eigentlich schon
da ist. Der Umgang mit der Armut sei schwer, meinte eine Teilnehmerin,
weil es sowohl verschämte Armut als auch Anspruchsdenken gebe
und man oft nicht weiß, wie man damit umgehen soll. Die Kehrseite
der Armut stellte ein Teilnehmer heraus: Die Armut sei auch ein Problem
der Reichen. Bei zwei Drittel der Bevölkerung steige das Vermögen,
aber wer nichts habe, bleibe hängen. Auch die Kirche solle auf
den oft unermeßlichen Reichtum in unserer Gesellschaft hinweisen,
vor allem, daß Eigentum auch zu sozialem Ausgleich verpflichte.
Alois Igelspacher in
Blickpunkte
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