zur Regionalvermarktung im Dachauer Land
 

Bericht der Münchner Kirchenzeitung MKKZ     -      Bericht der Süddeutschen Zeitung


Bauernhof und Bühne
Martin Winklbauer: Öko-Landwirt, Theatermann und Christ

Bericht der Münchner Katholischen Kirchenzeitung vom 18.2.2001

Freudig packt sich die Kuh eine Portion Heu ins Maul und kaut genüsslich vor sich hin und wieder blickt sie nach links. Dort steht friedlich Stier Andi. In der Nähe wartet das gemeinsame Kälbchen, um an die Milch der Mutter zu kommen. Martin Winklbauer le mit der Heugabel das Futter für die 35 Tiere nach.

Industrielle Kraftnahrung,wie sie im BSE-Skandal inVerruf kam, gibt der 43-jährige Bauer seinen Rindern nicht. Denn er wirtschaftet -auch aus seinem Verständnis von christlicher Verantwortung heraus - streng nach ökologischen Maßstäben.

Seit dem vergangenen Jahr gilt der Spielhof bei Halsbach nahe dem Wallfahrtsort Altötting als absolut ölologischer Betrieb -mit Zertifikat.

1995 hatte sich Winkelbauer, Mitglied der Katholischen Landvolkbewegung, von der konventionellen Landwirtschaft abgewandt "Es ist nicht so schwierig gewesen, weil bei uns bereits Pioniere vorgearbeitet hatten", erzählt der fünffache Familienvater. In Halsbach, wo 850 Einwohner auf 67 Ortschaften verteilt sind, und in der weiteren Umgebung gibt es allein 14 Ökobauern des "Biokreises". - .

"EinTier ist nun mal kein Familienmitglied ", rechtfertigt Winkelbauer die Schlachtung seiner Tiere und den Fleischkonsum. Das heiße jedoch nicht, keinen Respekt vor der Schöpfung mehr zu haben. Vehement kritisiert der Ökolandwirt die geplanten Massenschlachtungen zur Stützung des Preises. Erst seien massenweise Tomaten ins Meer geschüttet worden, nun würden Lebewesen vernichtet. Da frage ich mich, was noch folgt und - wo die Wertmaßstäbe bleiben, so Winklbauer.

Neben dem Hof gilt die Leidenschaft des katholischen Landwirts seit Kindertagen dem Theater. Inzwischen ist das Hobby zum gesicherten Nebenerwerb geworden. Der kreative Winkelbauer behauptet sich als Schauspieler, Regisseur und Stückeschreiber. Besonders gern setzt das Allround-Talent historische Erzählungen in Szene - mit Gegenwartsbezug. "Das Theater sehe ich wie einen Karren an, auf den ich aktuelle Themen mit einer Botschaft packen kann", erklärt Winkelbauer.

Als Mitbegründer des katholischen Landvolktheater Halsbach hat Winkelbauer seit Mitte der 80er Jahre ein Gespür dafür entwickelt, mit Menschen - und mit Tieren - auf der Bühne umzugehen. Ob sich auch zur BSE - Krise ein Stück stricken lässt, kann Winkelbauer derzeit noch nicht sagen. Die ganze Misere beunruhigt aber auch den Ökolandwirt: "Irgendwann wird vermutlich auch auf einem Öko-Hof ein BSE-Tier sein."

Bei aller Tragik sieht er aber auch die Chance, wieder neu über die Landwirtschaft nachzudenken. Die Verbraucherängste müssten ernst genommen werden, die Bauern dürften sich nicht in eine Depression verkriechen. "Den Schlüssel" für eine Lösung gebe es nicht. Doch der Ökobauer ist überzeugt, dass die Regionen in ihrer Eigenverantwortlichkeit neu entdeckt werden müssen.

Barbara Just MKKZ vom 18.2.2001


Mit dem "Schwarzen Jahr" kam das Glück
Seit Landwirt Martin Winklbauer Theaterstücke schreibt, entdecken die Halsbacher ihr Talent als Schauspieler

Roman Pletter der Süddeutschen Zeitung vom 30.3.2001, Bayernteil

Halsbach -Als Bub saß Martin Winklbauer oft in der Halsbacher Kirche und ließ seine Augen wandern zu einem Votivbild Dieses Bild spielt im Leben des mittlerweile 43-jährigen Landwirts eine besondere Rolle. Und Halsbach wäre vielleicht eine unscheinbare Gemeinde mit 1026 Einwohnern geblieben, wenn der kleine Winklbauer etwas andächtiger in der Kirche gesessen hätte. Heute finden dort Passions- und Theateraufführungen statt und die Presse belagert den Altarraum. Der Ort liegt idyllisch in einem kleinen Tal, hinter einem Wäldchen, im Schatten von Altötting. Halsbach ist mehr eine Ansammlung von Höfen und Einöden denn eine geschlossene Ortschaft. Nur dass die Halsbacher eben viel enger zusammenhalten als die Menschen in vielen anderen Dörfern. Das liegt auch an dem Votivbild, auf dem die Panduren in ihren roten Uniformen zu sehen sind, wie sie während des österreichischen Erbfolgekrieges 1742/43 auch in Halsbach wüteten. 240 Jahre später nahm Winklbauer dieses Gemälde als Vorlage zu seinem ersten Theaterstück. Weitere 20 folgten.

Winklbauer ist der Erfolg nicht zu Kopf gestiegen. Er hat so gar nichts Abgehobenes. Er könnte mit dem blonden Vollbart, der ausgeblichenen Jeans und dem Wollpullover auf den ersten Blick auch ein freundlicher Ökofundi sein. Vielleicht weil der Vater von fünf Kindern eigentlich ein traditionsverbundener Landwirt ist, der weiter mit seiner Frau den Hof bewirtschaftet.

Auf seinem Nachttisch liegen historische Abhandlungen und Romane, erzählt der Dramaturg und Regisseur. Nachdem er sie durchgearbeitet hat, verkriecht er sich drei bis vier Wochen in sein Arbeitszimmer, um zu schreiben -wenn er nicht gerade mit einem Freund unterwegs ist und Kabarett macht. Es traf sich gut, dass die Halsbacher 1983 beschlossen, Theater zu spielen. "Das Stück sollte auf jeden Fall jenseits von "platter bayerischer Lustspielherrlichkeit werden und etwas mit der Dorfgeschichte zu tun haben", sagt Winklbauer. "Da unsere Vorfahren die Pandurenschlacht für wichtig genug erachteten, sie zu malen, war das doch etwas, das mit unseren Wurzeln zu tun hat. "

Anhand von Archivmaterial und Überlieferungen beschloss man im Dorf, das Stück selbst zu entwerfen. Den roten Faden sollte Winklbauer spinnen. Aus einer Idee wurde eine Geschichte, dann Dialoge, dann Szenen. Weil zu den Proben immer mehr, am Ende 200 Halsbacher kamen, die alle mitwirken wollten, baute man eine Prozession in die Inszenierung, denn das ganze Dorf sollte Anteil haben, wenn am Beispiel einer Familie geschildert wird, "wie in schwerer Kriegszeit jeder Charakter seinen Weg gefunden hat", sagt Winklbauer.

Das Stück "Das schwarze Jahr" war geboren. Von da an gab es beinahe einen Zwang weiterzumachen. Es folgten viele Stücke, die mehr als 30 000 Besucher sahen. Oft ging es um das Bauerntum, um Reflektionen über das Dorf, was nicht jedem gefiel. Er möchte nicht moralisieren mit seinen Aufführungen, aber der Zuschauer solle sich selbst finden, sagt Winklbauer. "Vor allem aber soll der Theaterbesuch ein Erlebnis sein. "

Das Passionsspiel der Halsbacher wird dieses Jahr zum zweiten Mal aufgeführt und hat im Vorfeld schon für Wirbel gesorgt, weil Jesus-Darsteller Roland Schumacher aus der Kirche ausgetreten ist (siehe Interview). Der Passionsmusik liegt eine Komposition Josef Mysliveceks zugrunde, die Liedtexte für den Chor wurden aus dem Italienischen übersetzt. Winklbauer schrieb die Szenen. Das Passionsspiel beschreibt aus der Perspektive Petri die Leiden Jesu. Man wolle in der Zerrissenheit Petri zwischen Verleugnung und Tod Jesu auch die Versinnbildlichung der Kirche auf der Schwelle in ein neues Jahrtausend sehen. "Wo bin ich, wohin laufe ich, wer trägt meine Schritte?", fragt Petrus am Anfang der Passion.

Winklbauer hat zahlreiche regionale Kulturpreise erhalten, in Meran die Operette der "Vogelfänger" inszeniert, die Schlacht von Hohenlinden geschrieben. "Schlachten", sagt Winklbauer", sind für mich eigentlich nicht darstellungs-würdig." Er greift sich Einzelschicksale heraus und konfrontiert sie miteinander.

Vielleicht ist es die Behutsamkeit, das Leise, mit dem Winklbauer diese lauten Themen wie Krieg und Zerstörung angeht, das den Stücken ihren Zauber gibt. Vielleicht aber auch jener Umstand, den der Filmregisseur Jo Baier in seiner Laudatio auf Winklbauer anlässlich der Übergabe des Altöttinger Landkreis-Kulturpreises beschrieb: "Die Halsbacher waren schon immer für mich die Zeugen einer reichen Kultur. Wie man dort miteinander umgeht, wie man den Zusammenhalt pflegt, das halte ich für vorbildlich. Vielleicht herrscht einfach ein besonderes Klima dort, reizarm und heiter. Wenn ich als kultureller Wettergott etwas zu sagen hätte, würde ich mir kein Hoch oder Tief wünschen, sondern nur, Halsbach'." (Aufführungen der Passion am 1. April und 6. bis 11. April, Telefon 086 23171 02.)

Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 30.3.2001, Bayernteil

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