Arnbacher Gespräche Übersicht                   Arnbacher Gespräche 2003  

Jahresthema 2003: Lebensschwellen - eine Chance

1. Dramaturgie im Leben - Versuchungen
Prof. Dr. Rüdiger Funiok S.J. Philosophische Hochschule München
Dienstag, 18.Februar 2003



Ankündigung

Wir stehen immer wieder vor grundlegenden Entscheidungen, die unser Leben gestalten, gleichsam die Dramaturgie unseres Lebens. Diese wesentlichen Herausforderungen müssen wir erfassen, betont Prof. Funiok, und den verschiedenen Versuchungen widerstehen, die uns vermeintlich die einfache Lösung bieten, aber in Wahrheit in die Irre führen.

So bietet sich immer wieder die Versuchung an, leicht und schnell zu Ansehen und Einfluss zu kommen, mehr an uns als an andere zu denken. Solche Versuchungen hat auch Jesus erfahren. Nach seiner Taufe im Jordan geht er in die Wüste. Dort melden sich innere Stimmen, die ihn von dem Auftrag, den er gerade erst erkannt hat, abbringen wollen. Die Umsetzung dieser biblischen Erzählung in zwei neuere Verfilmungen kann uns helfen, die zentralen Versuchungen zu sehen - aber auch, was Jesus die Kraft gab, sie zu durchschauen und zurückzuweisen. "Wüste" steht für Alleinsein und Stille.

Die Bibelzitate, die Jesus findet, zeigen sein ernsthaftes Suchen nach Orientierung. Wieder und wieder fragt Jesus , wie wir: Wie lässt sich unser Recht auf Lebensglück mit den "Zumutungen" Gottes verbinden? Er regt uns jedenfalls an, nur das zu wählen, was zu uns passt und unser Leben gelingen lässt. Ein Gott, der unser Glück will, uns aber doch manches zumutet.

weiteres Material zum Thema...

Prof. Funiok bei Arnbacher Gesprächen
Philosophische Anschauungen
Bericht Dachauer Nachrichten vom 3.März 2003

Prof. Funiok bei Arnbacher Gesprächen, Schwabhausen (sim) - Zu den Arnbacher Gesprächen hatte die Katholische Landvolkbewegung im Landkreis Dachau in den Arnbacher Pfarrhof geladen. Als Referent konnte Prof. Dr. Rüdiger Funiok, ein Jesuit, von der Philosophischen Hochschule München gewonnen werden. Religiöse Themen und Glaubensgespräche wurden an diesem Abend allerdings ein wenig ausgespart. Das Thema war "Versuchungen .Dramaturgie im Leben". Professor Funiok zeigte zunächst per Videobeamer einige Ausschnitte aus Kino und Fernsehfilmen, wie "Die Bibel-Jesus", oder die kanadische Produktion "Jesus von Montreal", aus denen er sich spannende und mitreißende Szenen ausgesucht hatte, unter anderem die Versuchung Jesu durch den Teufel in der Wüste. Den Satan. interpretierte Prof. Rüdiger Funiok als "innere Stimmen" , auch als "Bild für den falschen Weg". Einige Gäste meinten, sie könnten sich als Versucher eine Schlange oder einen Politiker vorstellen. Andere taten sich auch schwer, den Begriff Versuchung zu definieren. Funiok konnte ihnen dabei nur bedingt helfen.

Auf die Frage, wie man denn wisse, was richtig und falsch sei, meinte der Philosoph, das könne man manchmal erst einige Jahre später beurteilen. Als Beispiel nannte er die ,,68-er Generation"'. Da schäumten die Emotionen allerdings über; denn Dr. Wolfgang Tins wollte das nicht so im Raum stehen lassen. Er brachte mittels eines prägnanten und mitreißenden geschichtlichen Kurzüberblicks wohl nicht nur den Professor zum Nachdenken. Dass die Bibel dem Menschen den richtigen Weg weisen kann, dass darin Gottes Worte stehen, davon wurde an diesem Abend nicht gesprochen. Vielmehr war Funiok bemüht, vieles mit Psychologie, Philosophie und Mythen zu erklären.

PAn der anschließenden Diskussion beteiligten sich nur wenige Zuhörer. Eine Frau meinte: "Der Jesus hat doch versagt." Professor Funiok sagte leise,. dass man das wohl so sehen könne, auch wenn es nicht so ganz richtig sei. Funiok war an diesem Abend sehr bemüht, es allen Besuchern Recht zu machen, anstatt selbst vielleicht klare Standpunkte zu beziehen.


rof. Funiok hat im Rahmen seines Vortrags schriftliches Material an die Besucher verteilt. Wenn Sie Interesse haben, können Sie die Schriftstücke lesen bzw. ausdrucken.

Material zum Vortrag von Prof. Dr. Rüdiger Funiok S.J.
am 18.2.2003

Was suchen Sie ?
Versuchungen - Dramaturgie im Leben
  Wie Jesus in Versuchung gerührt wurde
  Dialog zwischen Satan und Jesus in dem Film "Die Bibel- Jesus" ..

Versuchungen - Dramaturgie im Leben
P. Rüdiger Funiok SJ, München


1. Unser Glaube lässt uns unser Menschsein entfalten, nicht unterdrücken. So kann die Fastenzeit, in der wir bewusst zu leben versuchen, eine Übung in menschlicher Freiheit sein. Frei sein heißt: Mich nicht bestimmen lassen, sondern selbst entscheiden, bewusst zwischen Alternativen wählen, die uns trotz aller Routine und äußerer Zwänge möglich sind - täglich, stündlich.

2. Um das für uns Richtige (religiös: den Willen Gottes für uns) zu finden, brauchen wir einen ungestörten Raum und genügend Zeit, um die verschiedenen Möglichkeiten abzuwägen, die "Stimmen" in uns zu hören und sie als uns gut-tuend oder von uns wegführend zu unterscheiden. Ein solcher freier Raum ist die "Wüste" am Rande unseres normalen Lebensraums: dort, wo Stille herrscht, wo wir mit uns allein sind. Notwendige Vorkehrungen: Radio oder Fernseher nicht einschalten, einen längeren Spaziergang für uns allein machen, Partner und Kindern Bescheid sagen, man wolle eine Zeitlang ungestört sein. .

3. Bei echten Entscheidungen sollten wir uns mit Menschen, die uns raten können, beraten. Aber wir sollten auch lange genug in uns hineinhören und uns fragen, welche der möglichen Alternativen (über einen Zeitraum von einigen Wochen) mit einem ruhigen guten Gefühl in uns einhergeht. Gott gibt durch die Erfahrung von "Stimmigkeit", d.h. die Übereinstimmung von Herausforderung und unserer Persönlichkeit, seine Zustimmung: Ich kenne dich, habe dich erschaffen, das passt eher zu dir, überfordert dich nicht. . .

4. Es gibt in den Exerzitien des Ignatius von Loyola eine Reihe von Vorstellungsübungen, mit denen ich mir die Konsequenzen von Entscheidungen verdeutlichen kann.

5. Das als richtig, mir zuträglich Erkannte auch zu tun, gelingt nur, wenn wir Konsequenz mit einem liebevollen Umgang mit uns selbst verbinden. Gewachsene Einstellungen zu ändern, braucht einen "Fünf-Jahresplan", konsequente Arbeit an sich und viel positive
(Selbst-) Verstärkung.

6. Vorsätze sollten nur so groß sein, dass ihre Verwirklichung aus dem Stand zu ca. 65 % wahrscheinlich ist. Wer eine kleine Kursänderung durchhält, kommt nach ein paar Wochen wirklich woanders an Land als ohne Gegensteuerung.

7. Es ist eher die 'Übung in bewusstem Entscheiden als die "großen" Versuchungen, die unserem Leben eine eigene Gestalt geben, es zu einer christlichen Handlung (Dramatik) werden lassen.


Wie Jesus in Versuchung geführt wurde

Matthäus 4, 1-11

Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel in Versuchung geführt werden.
2 Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, bekam er Hunger.
3 Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, daß aus diesen Steinen Brot wird.
4 Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.
5 Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel
6 und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf Ihren Händen zu tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.
7 Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
8 Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht 9 und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.
10 Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
11 Darauf ließ der Teufel von ihm ab, und es kamen Engel und dienten ihm.

Markus 1, 12 f.
12 Danach trieb der Geist Jesus in die Wüste. 13 Dort blieb Jesus vierzig Tage lang und wurde vom Satan in Versuchung geführt. Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.

Lukas 4, 1-13
Erfüllt vom Heiligen Geist, verließ Jesus die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher,
2 und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger.
3 Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden.
4 Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es: Der Mensch isst nicht nur vom Brot.
5 Da führte ihn der Teufel (auf einen Berg) hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde.
6 Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen, und ich gebe sie, wem ich will.
7 Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören.
8 Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem, Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
9 Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab;
10 denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten;
11 und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.
12 Da antwortete ihm Jesus: Die Schrift sagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
13 Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.

Fragen zur Verfilmung:
1. Welche Gestalt (Geschlecht, Alter) könnte man dem Versucher geben? Soll er überhaupt sichtbar sein?
2. Wie lassen sich die drei Versuchungen, für heute verständlich, umschreiben - immer mitbedacht, es sind Versuchungen eines religiösen Führers?
3. Wie lassen sich die inneren Ortswechsel bewerkstelligen? Wohin sollen sie Jesus führen?

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Filmografie: König der Könige. USA 1961. 154 Min. Regie: Nicholas Ray. [30'05" - 36'03"]
Die Bibel- Jesus. D/I/USA 1999.2 Teile (86 u. 87 Min.) Regie: Roger Young. [Teil 1, 37'11"46'02"]
Jesus von Montreal. Kanada 1989.120 Min. Regie: Denys Arcand. [64'10" - 78'00"].



Dialog zwischen Satan und Jesus in dem Film "Die Bibel- Jesus"

Frau: Jesus.

Jesus: Ich kenne dich.

Frau
:
Der Geist Gottes hat dich hierher geführt und dir gestattet zu fühlen, was Menschen spüren, wenn sie von mir versucht werden. Aber um dies zu können, mußt du auf jede Weise wie sie sein. So schwach und einsam und klein wie sie es sind. Verlasse den Schutz der Macht, die in dir wohnt. Verzichte auf deine Göttlichkeit. Verzichte auch auf deinen Vater.
Bist du gewillt zu fühlen, was Menschen fühlen, Jesus, ohne den Schutz des Vaters? Du weißt, daß das notwendig ist. Der Geist Gottes sagt es dir, nicht ich. Nur auf diese Weise können wir uns beide herausfordern.

Jesus
: Ich bin gewillt. (Schreit qualvoll auf)

Frau
: Dies ist das Leben, Jesus.
(Aus dem roten Schal der Frau, der davonfliegt, erwächst die Gestalt des Teufels)

Satan
: Du siehst nicht sehr gut aus, Jesus. Bist du hungrig?

Jesus
: Ja.

Satan
: Hier. Befiehl diesen Steinen, sich in Brotlaibe zu verwandeln.

Jesus
; Du meinst, ich soll die Macht meines Vaters benutzen.

Satan
: Du hast doch,h die Macht diesen Steinen Befehle zu erteilen, oder?

Jesus
: Ich bin nur der Sohn.

Satan
: Aber du hast doch auch die Macht? (lacht)

Jesus
: Wenn ich sie auf diese Weise einsetze, verfehle ich seinen Auftrag. Ich soll den Menschen sein Wort bringen, nicht sie mit seiner Macht überwältigen.

Satan
: Du bittest doch nur um Brot, um deinen Hunger zu stillen, Jesus. Menschen haben Hunger. Speise dein hungerndes Volk, Jesus.

Jesus
: Der Mensch lebt nicht von Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes kommt.

Satan
: Du verstehst nicht, worum es geht, Jesus. (lacht). Du besitzt die Macht~die Menschen von ihren Sorgen zu erlösen. Speise diese Menschen, viele hungern, du kannst sie speisen.

Jesus
: Ich wurde geschickt, sie mit Wahrheit zu speisen.

Satan
: Sie hungern nach Brot, Jesus.

Jesus
: Nein, sie sterben vor Hunger wegen der steinernen Herzen anderer Menschen. Nicht, weil es der Wille Gottes ist.

Satan
: Und du kannst das ändern. All ihr Elend. Also, sie sollen dir zuhören, dem Zimmermann aus Nazareth. Du, nur du hast die Wahrheit, das Wort Gottes?


Jesus
: Auch andere haben die Wahrheit gesprochen.

Satan
: Und die Menschen haben sie alle vernichtet. Seit tausenden von Jahren. Aber dir, dir werden die zuhören? Warum?

Jesus
: Sie werden.

Satan
: Und wie willst du das erreichen? Sag, wie willst du sie dazu bringen zuzuhören? Ich werde dir helfen. Es gibt nur einen Weg, daß sie auf dich hören, Jesus. Du mußt sie überzeugen, daß du von Gott gesandt bist. Werfe dich darunter und er befiehlt seinen Engeln dich aufzufangen. Dann werden sie sehen, daß du jemand bist, dem man zuhören sollte.

Jesus
: Dann würden sie zuhören, nicht wahr?

Satan
: Oh, jemandem der das fertig bringt, würden sie zuhören, ja.

Jesus
: Aber das ist nicht der Wille meines Vaters. Wollte er nur, daß ich seine Gesetze, die Naturgesetze, verändere, hätte er mich nicht gesandt. Stelle Gott nicht ftjr deine eigenen Zwecke auf die Probe.

Satan
: Jesus von Nazareth, von Jerusalem, von Ägypten, von Bethlehem Wo bist du noch gewesen, Jesus?

Jesus
: Nirgendwo.

Satan
: Nein? Dann verstehst du nicht, was auf dem Spiel steht. Laß es mir dir zeigen.
(Satan zeigt Jesus die Welt vom Kosmos aus) Macht, Jesus, Macht, nicht der Zweite sein, sondern der Erste. Diese Macht hast du nie gespürt, ich aber schon. Bis jetzt hattest du noch nie dazu Gelegenheit. Nun kannst du wenn du willst, die Nummer Eins werden.

Frau
: Weißt du was das bedeutet, Jesus?

Jesus
: Nein.

Frau
: Macht ist das, was jeder Mann mehr will als alles andere auf der Welt. Sie töten dafür Es gibt nichts was kostbarer ist. Und du kannst sie besitzen.

Jesus
: Wie?

Satan
: Fall nieder vor mir, Jesus. Ein einziges Mal, in deinem ganzen Leben, von Urzeiten bis in alle Ewigkeit, nur ein einziges Mal,

Jesus
, das ist ein geringer Preis, wenn du den Gewinn bedenkst.

Jesus
: (erzürnt und schreiend); Hinweg mit dir Satan, denn es steht geschrieben, du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott und ihm allein dienen. Ich will kein Menschenreich erschaffen, indem ich zum Mächtigsten werde, sondern indem ich der Ärmste werde. Denn ich bin das Lamm Gottes.

Satan
: Wir sehen uns wieder, Jesus. Es hat gerade erst begonnen.



Ankündigung der Arnbacher Gespräche 2003 in der Presse
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