Arnbacher Gespräche Übersicht                   Arnbacher Gespräche 2009


Jahresthema 2009: Ver-rückte Welt

1. Klimawandel - vom Handeln und Nichtstun
Thomas Loster, Münchener Rück Stiftung, München
Mittwoch, 4.Februar 2009





Bericht der Dachauer Nachrichten vom 12. Febr.2009
Ein heißer Tag ist noch kein Klimawandel
von Annemarie Donaubauer 

Arnbach - Die Katholische Landvolk-Bewegung hatte mit Thomas Loster einen Fachmann eingeladen, der sich seit 20 Jahren mit dem Thema Klima befasst. Er betreibt für die Münchner Rück-Stiftung Risikoforschung und ist zudem Mitglied im Nachhaltigkeitsrat der Bundesregierung.

Im Pfarrhof Arnbach informiert er etwa 35 Besucher anschaulich über weltweite Katastrophen und ihre zahlenmäßige Auswirkung, über Waldbrände, Stürme, Hitzewellen, Überschwemmungen und Sturzfluten. Von der großen Welt schwenkt er immer wieder in den Nahbereich vor der Haustür. Er reflektiert die Launen der Natur: Vor einem Jahr blühten schon die Krokusse, heuer haben wird seit sechs Wochen anhaltende Minusgrade. "Die Bandbreite der Natur ist sehr, sehr groß, und ein heißer Tag ist noch kein Klimawandel, sagt Loster.

Mit Folien veranschaulicht er den ungefähr gleichbleibenden Verlauf der geographischen Katastrophen, während die atmosphärischen Katastrophen deutlich zugenommen haben.
"Die Wettermaschine produziert auffällig viele "Extremereignisse", stellt der Fachmann fest.

In der Dokumentation der Versicherer werde die Schadensentwicklung seit 1950 aufgezeichnet. Loster spricht von 285 Ereignissen, von denen die Stürme mit 41 % den größten Anteil einnehmen, gefolgt von Erdbeben (28 %) und Überschwemmungen (25 %). Seit den 1990er Jahren häufen sich die teueren Ereignisse, führte er aus: Gab es in den 1970er Jahren noch 10 bis 15 Ereignisse, so habe man in jüngster Zeit 20 bis 25 pro Jahr, Großereignisse glücklicherweise nur alle paar Jahre: etwa die Stürme Vivian und Wiebke, 1990, 1999 Lothar und zuletzt Kyrill. Die teuerste Wetterkatastrophe seit Aufzeichnung sei Hurrikan Katrina gewesen mit 1322 Toten und 120 Milliarden $ Schaden. Loster verwies auf die veränderte technische Ausstattung der Menschen und dass auch deretwegen ein Anstieg der dokumentierten Katastrophen zu verzeichnen ist. Dass die Schäden höher ausfallen, habe nicht nur mit Naturgewalt, sondern auch mit veränderter Lebensweise und Architektur der Gebäude zu tun.

Plastikrolladen, Plattenverschalungen und Leuchtreklamen seien Schwachpunkte heutiger Gebäude. Hinzu komme eine Verdichtung der Besiedelung. Er verglich den auftretenden Schaden mit der Trefferquote beim Kegeln: je mehr da steht, umso mehr wird umgerissen. Wenn ein Hurrikan auf einen Privathafen treffe, in dem regalartig vier Etagen hoch die Yachten gestapelt sind, im Einzelwert von 50.000 Euro, entstehe schnell Millionenschaden.
Um 1800 gab es etwa eine Milliarde Menschen, heute bevölkern sechs bis sieben Milliarden Menschen die Erde.

Die Entwicklung der Treibgase, für die Klimawandel und Temperaturanstieg ursächlich genannt werden, folge der Entwicklung der Menschen. Beim Klimawandel spielt der Faktor Mensch eine wichtige Rolle, und die Klimaveränderung verschärft das Risiko, macht Loster begreiflich.

Auch in China und Vietnam fahren die Menschen heute statt mit dem Fahrrad lieber mit dem Moped. Mehr Menschen brauchten mehr Nahrung: Reisfelder und Viehhaltung emittieren Methan. Erheblichen Unterschied mache, was der Mensch isst: eine Fleischkalorie entspreche sieben grünen Kalorien, Schweine verursachen deutlich weniger Methan als Rinder. Wenn man also Schweinefleisch konsumiere, könne man für die Differenz sehr oft von hier nach Hamburg fahren. Selbst der Wasserverbrauch für die Nahrungsproduktion sei sehr unterschiedlich: Er beziffert ihn für Fleischesser auf das Zehnfache eines Vegetariers.

Das Problem der Gletscherschmelze und des Anstiegs des Meeresspiegels vergleicht der Umweltexperte mit Lungenkrebs: Man kenne nicht alle Faktoren, wisse aber mit Sicherheit, dass Rauchen schadet. Noch sei weder in der Politik noch bei der Bevölkerung das Bewusstsein vorhanden, die Katastrophenhäufung, den Temperaturanstieg und die kleinen Veränderungen - etwa die um zehn Prozent größeren Hagelkörner, die fremden Tierarten, die erhöhte Strahlung, etc.- gesamt zu betrachten, obwohl alle Prognosen auf eine Verschärfung der Risiken hinweisen. Gemessen an der momentanen Krise auf dem Finanzmarkt werde die Klimakrise kleingeredet.

Die Technik sei gerüstet für die Anpassung an schwierige Bedingungen, jedoch fehle es am Bewusstsein der Menschen und an der Bereitschaft, etwas zu ändern. Eine wirksame Beeinflussung des Klimawandels sei nur über die Schwellenländer wie China oder Indien zu erreichen.

Die Diskussion deckte die Zweifel und Frustration der Menschen auf: Was hilft es, Plastik zu sammeln ? Was hilft es, ein Auto mit Gasantrieb zu fahren, wenn man damit nicht ins Parkhaus darf ? Was hilft ein Klimagipfel, wenn keiner mittun mag ?

Tomas Loster ermunterte die Zuhörer, weiterhin im Kleinen zu wirken (siehe Kasten rechts), denn "Handeln tut not".

 

              Der Umwelt zuliebe
              -Tipps vom Fachmann-

Beim Heizen nur Stoßlüften. Am Computer den Drucker nur einschalten, wenn man drucken will (Stromverbrauch entspricht einer 40-Watt-Lampe). Kühlschrank nicht unterkühlen, Akkus nur zum Aufladen anstecken (Handy) , denn Stromverbrauch erfolgt auch ohne Ladevorgang, Raumtemperatur beachten: ein Grad entspricht sechs Prozent der Strombelastung, Der Stromverbrauch einer Glühbirne erzeugt zu 95 % Wärme, nur zu 5 % Licht.


Bilder: Hans Schertl

Ankündigung der Arnbacher Gespräche 2009 in der Presse
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